Heumilch – Tradition mit modernen Verfahren
Die Erzeugung von Heumilch, d.h. die Erzeugung von Milch mit Kühen, die nur mit Heu gefüttert werden, hat eine lange Tradition. Die Heufütterung wird in der Regel im Sommer durch die Fütterung von frischem Grünfutter, vornehmlich als Weide, ergänzt. Die Verwendung dieser Milch erfolgt vorrangig durch die Käsebereitung. Schon vor 800 Jahren wird der Schweizer Hartkäse Re Gruyere (1115) und der Emmentaler Käse (1200) urkundlich erwähnt. In verschiedenen Regionen hat sich diese Tradition bis heute erhalten. Obwohl in den letzten 3 – 4 Jahrzehnten aus arbeitswirtschaftlichen und ökonomischen Gründen die Silagefütterung stark zugenommen hat, und in vielen Betrieben eine ganzjährige Silagefütterung betrieben wird, gibt es Regionen, in denen „silofreie“ Rohmilch erzeugt und zu hochwertigen Produkten verarbeitet wird. Hier soll als Beispiel Österreich genannt werden. Im Verbund der ARGE Heumilch Österreich sind über 8000 Landwirtschaftsbetriebe und 60 Molkereien vereinigt, die nach strengen Regeln Heumilch produzieren und verarbeiten. Auch in Deutschland hat sich eine ARGE Heumilch gegründet, die z.Zt. etwa 0,5 % des Milchaufkommens produziert. Aus 12 l Rohmilch wird 1 kg Käse produziert.
Im Jahre 2016 erhielt das Produkt „Heumilch“ das EU - Gütesiegel g.t.S., das bedeutet „garantiert traditionelle Spezialität“ (Amtsblatt der Europäischen Union, L58/28-32, 2016). Hier sind auch die Regulative zusammengefasst:
- In der Grünfutterperiode erhalten die Tiere frische Gräser, teilw. Heu, in der Winterperiode Heu. Der Raufutteranteil an der Trockenfutterration des Jahres muss 75 % betragen, damit ist der Konzentrateinsatz begrenzt.
- Als erlaubte Futtermittel gelten alle Grünfuttermittel und Futterrüben, als Trockenkonzentrate alle Getreidearten, Kleie, Trockenschnitzel und ihre Mischungen, ferner Ackerbohnen, Futtererbsen, Lupinen, aus Ölsaaten die Extraktionsschrote, Expeller und Kuchen, sowie Mineralstoffgemische.
- Verbotene Futtermittel sind alle Silagen, Nebenprodukte von Brauereien, Mostereien und Brennereien, alle Futtermittel tierischen Ursprungs, (außer Milch und Molke für Kälber), Garten- und Obstabfälle, Kartoffeln und Harnstoff.
- Es darf keine Herstellung und Lagerung von Silagen, von Rundballen jeder Art in Folie und von Feucht- oder Gärheu im jeweiligen Betrieb erfolgen.
- Es besteht ein Verbot zur Verwendung von Tieren und Futtermitteln, welche gemäß den Rechtsvorschriften als genetisch verändert zu kennzeichnen sind.
Es folgen noch Hinweise zur Düngung, zum Einsatz chemischer Hilfsstoffe und zu Lieferverboten. Die Erzeugung von Heumilch ist nicht an eine Wirtschaftsform (konventionell, integrativ, Bio) gebunden und erfolgt in allen Betriebsgrößen.
Die Heubereitung erfolgt in der bekannten Form als Bodentrocknung (heute auch stark mechanisiert), seltener als Reutertrocknung und in wenigen Betrieben mit einer Kaltbelüftung. Auf diese Verfahren soll hier nicht eingegangen werden, da sie hinreichend bekannt sind und beschrieben wurden.
Entsprechend des wissenschaftlich-technischen Fortschrittes wurden in den zurückliegenden 15 - 20 Jahren moderne Trocknungsverfahren entwickelt, die „Unter Dach“ stattfinden, mittels Computer prozessgesteuert werden, mit hoher Effizienz verschiedene Energiequellen (Prozessabwärme bei Biogasanlagen, Solarenergie u.a.) nutzen, Entfeuchter einsetzen und einen hohen Futterwert ermöglichen. Das Gras wird kurz angewelkt und mit mindestens 55 %, besser 60 % in der Box innerhalb von 40 – 60 Stunden auf eine Lagerfeuchte von ca. 88 % Trockensubstanz gebracht.
Die verschiedenen Verfahren zur Lufterwärmung oder Entfeuchtung, wie Unterdachabsaugung, Wärmetauscher mit verschiedenen Energiequellen Wärmerückgewinnungsanlagen und mit Strom betriebene Entfeuchter bestimmen den Trocknungsprozess (siehe auch Bayrische LfL, Inst. für Landtechnik und Tierhaltung, Hofeigene Heubelüftungsanlagen, 2015, 2016, 2020; KTBL Belüftungsheu, 2017, Heft 116). Eine Vielzahl von Firmen bringen die Trocknungsanlagen in verschiedenen Variationen auf den Markt. Besonders sind es österreichische Firmen, die hier Pionierarbeit geleistet haben. So bietet z.B. die Firma HSR Heutrocknung (gegründet und geleitet vom ehem. Landwirt Josef Reindl) komplette Trocknungsanlagen für verschiedene Betriebsgrößen an und hat inzwischen ca. 1000 Anlagen für 3, aber auch für 25 000 ha Grünlandfläche gebaut.
Zur Unterscheidung vom konventionellen bodengetrockneten Heu hat das „modern geworbene“ Heu verschiedene Namen bekommen, wie mechanisierte Trocknung, Belüftungsheu oder auch Trockengrünfutter (so wird auch das mit Heißlufttrocknung im Trommeltrockner getrocknete Gras benannt, das u.a. auch zu Cobs verarbeitet wird und damit dann ein Kraftfutter ist).
In der Tabelle „Anforderungen an Heu“ sind die wichtigsten Kennzahlen zur Charakterisierung der beiden Gruppen von Heu dargestellt. Da das Heu als Langheu oder gehäckselt geworben wird, besitzt es eine hervorragende Strukturwirksamkeit. Besonders das Heu II gewährleistet einen hohen Futterwert. Probleme ergeben sich lediglich durch hohe Gehaltswerte an wasserlöslichen Kohlenhydraten. Bei trockener und sonniger Witterung im Frühjahr, besonders im April, können Werte von 150 – 180 g je kg TS vorkommen. Solche Partien müssen dann restriktiv eingesetzt werden, um den Höchstwert von 70 g Zucker + Fruktane im kg Trockensubstanz der Ration nicht zu übersteigen. Eine zweite Quelle der Wertminderung ist der Besatz mit schädlichen Hefen und/oder Schimmelpilzen. Die wichtigste Voraussetzung ist, dass der für die Lagerung optimale Trockensubstanzgehalt über 88 % schnell erreicht und das Heu trocken gelagert und von hoher Luftfeuchtigkeit bewahrt wird.
Tab. 1: Anforderungen an Heu
Heu I | Heu II | ||
---|---|---|---|
Bodentrocknung | Warmluft/ Entfeuchter | ||
Trockensubstanz | % | >86 | >86 |
strukturwirksamen Rohfaser | g/kg TS | 280-320 | 230-250 |
ADFom | g/kg TS | 300-350 | 250-270 |
aNDFom | g/kg TS | 450-520 | 400-450 |
Partikelgrößenverteilung (Anteil Feinstpartikel < 1,2mm) | % | < 5 | < 5 |
Schnitthöhe | cm | 5-8 | 5-8 |
Häcksellänge | mm | Langgut oder 30-60 | |
Netto-Energie-Laktation (NEL) | MJ/kg TS | 5,2-5,8 | 5,8-7,0 |
Umsetzbare Energie-Rind (UE) | MJ/kg TS | 8,7-9,7 | 10,0-11,3 |
Wasserlösliche Kohlenhydrate (Zucker+Fruktane) | g/kg TS | 50 | 50-120 |
Rohprotein | g/kg TS | 100-140 | 140-180 |
nutzbares Rohprotein | g/kg TS | 90-130 | 130-170 |
Proteinlöslichkeit (Fraktion A, B1) | % des RP | 35-45 | 35-45 |
unverdauliches Rohprotein (Fraktion C) | % des RP | < 12 | < 12 |
UDP | % des RP | 25-35 | 35-45 |
pepsinunlösliches Rohprotein | % des RP | < 30 | < 25 |
Nitrat (NO3) | g/kg TS | 3-5 | 3-5 |
Biogene Amine, gesamt | g/kg TS | < 5 | < 5 |
Rohasche | g/kg TS | < 100 | <100 |
Sand | g/kg TS | < 20 | < 20 |
Schimmelpilze | KbE/g | < 5x10 5 | < 5x10 5 |
Hefen | KbE/g | < 5x10 5 | < 5x10 5 |
Lagerung nach Beginn der Ernte | Wochen | > 6 | > 6 |
Ein Vergleich der verschiedenen Nutzungsformen soll am Beispiel von Gras in der Tabelle 2 „Futterwert von Gras“ gezeigt werden. Den besten Futterwert hat das Grünfutter, gefolgt vom Heu, das mit Warmluft / Entfeuchter getrocknet wurde. Das bodengetrocknete Heu liegt im Bereich, in dem auch bei den Silagen zu rechnen ist.
Die auftretenden Verluste für Rohprotein und Energie (vom Feld bis zum Futtertisch) unterscheiden sich erheblich (siehe Tabelle 3 „Konservierungsverluste – Grünfutter“).
Tab. 2: Futterwert von Gras (Weidelgras, optimaler Schnittzeitpunkt: 24 - 25 % Rohfaser, > 8 cm Schnitthöhe)
Kennzahl | Einheit | Grünfutter | Silage | Heu I 1 | Heu II 2 |
---|---|---|---|---|---|
Trockensubstanz | % | 20 | 33 | 86 | 88 |
NEL | MJ/kg TS | > 6,2 | 6,2 | 5,8 | > 6,2 |
Zucker, Fruktane | g/kg TS | < 150 | < 100 | < 100 | < 120 |
Rohfaser | g/kg TS | 245 | 260 | 278 | 250 |
NDF | g/kg TS | 420 | 460 | 410 | 405 |
ADF | g/kg TS | 265 | 270 | 320 | 270 |
ADL | g/kg TS | 22 | 25 | 31 | 46 |
Rohprotein | g/kg TS | 170 | 150 | 140 | 160 |
nutzbares Rohprotein | g/kg TS | 160 | 135 | 130 | 150 |
UDP | % des RP | 20-35 | 15-25 | > 30 | > 40 |
Proteinlöslichkeit | % | 45-50 | > 55 | 35 | 30-35 |
NH3-N des Gesamt N | % | < 8 | |||
pepsinunlösliches Rohprotein | % des RP | < 25,0 | < 20,0 | ||
NO3-Gehalt | g/kg TS | 3-5 | |||
Gesamt-Amine | g/kg TS | < 5 |
1 Bodentrocknung, Kaltbelüftung, 2 mit Warmluft / Entfeuchter unter Dach getrocknet,
Quellen: DLG-Futterwerttabellen-Wiederkäuer(1997); NRC, 2001; Datenbank LKS, 2020
Tab 3: Konservierungsverluste (%) - Grünfutter (Richtwerte TS, Rohprotein, Energie; einschl. Feldverluste)
Erntebedingungen | ||
---|---|---|
günstig | ungünstig | |
Frischsilage | 15-20 | 20-25 |
Anwelksilage | 20-25 | > 35 |
Grünfuttertrocknung | ||
Heu | ||
Heu - Bodentrocknung | 20-25 | > 30 |
Heu - Kaltbelüftung | 15-20 | > 25 |
Heu - Warmbelüftung * | 5-10 | 10-15 |
Trockengrünfutter (Heißlufttrocknung) | 5 | 5-10 |
* unter Dach, Warmluft / Entfeuchter, verschiedene Energiequellen
In der Tabelle 4 „Vergleich der Konservierungsverfahren“ sind die Unterschiede von beiden Heuarten und dem Grünfutter der Silage gegenübergestellt. Hier zeigt sich, dass lediglich bei der Witterungsabhängigkeit und der Kontinuität der Nährstoffversorgung das Grünfutter Nachteile bringt, aber bei den anderen Kriterien der Silage überlegen ist. Das bodengetrocknete Heu ist in einigen Kriterien der Silage gleich. Eine deutliche Überlegenheit zeigt das mit Warmluft bzw. Entfeuchter gewonnene Heu in allen hier ausgewählten Kriterien. Die geringen Konservierungsverluste, die hohen Nährstofferträge je ha und die bessere Rohproteinqualität zeichnen dieses Heu aus. Ein großer Vorteil für den Einsatz in der Fütterung ist das Fehlen der unerwünschten Fermentationsprodukte und der Erhalt einer Reihe von nützlichen Pflanzeninhaltsstoffen beim Grünfutter und beim Heu.
Tab. 4: Vergleich der Konservierungsverfahren
im Vergleich zur Silagebereitung | |||
---|---|---|---|
Grünfutter | Heu 1 1) | Heu II 2) | |
Flächenproduktivität (TM, Energie, Rohprotein, UDP) | +++ | ~ | +++ |
Verluste | +++ | ~ | ++ |
Witterungsabhängikeit | - | ~ | + |
Aufnahme Grobfutter-Tockensubstanz | +++ | ~ | ++ |
Strukturwirksamkeit | +++ | ++ | ++ |
unerwünschte Fermentationsprodukte (Säuren, Ammoniak, biogene Amine u.a.) | +++ | +++ | +++ |
unerwünschte Nährstoffänderungen | +++ | + | ++ |
kontinuierliche Nährstoffversrogung | - | ++ | ++ |
Rohproteinqualität | ++ | + | +++ |
nützliche Pflanzeninhaltsstoffe (ß-Carotin, Vitamin E, Ʊ-3-Fettsäuren, CLA u. a.) | +++ | + | ++ |
~ praktisch kein Unterschied, + positiver Effekt, - negativer Effekt, 1) konventionell getrocknetes Grünfutter(Bodentrocknung u, ä), 2) mit Warmluft / Entfeuchter unter Dach getrocknetes Grünfutter
Quelle: Steinhöfel, O., Hoffmann, M., Handbuch Grobfutter, 2018
Das mit den neuen Trocknungsverfahren gewonnene Heu verdient eine besonders hohe Wertschätzung. Alle genannten positiven Eigenschaften, verbunden mit einem hohen Futterwert, machen dieses Futter zu einer bedeutungsvollen, stabilisierenden Rationskomponente. Über die Rolle als Alleinfutter zur Heumilchproduktion gewinnt es auch perspektivische Bedeutung für die Milcherzeugung unter unseren Bedingungen.
Die Erfahrungen zeigen, dass die ganzjährige Silagefütterung nicht die Zukunft sein wird und das schon relativ geringe Mengen an hochwertigem Heu bzw. gehäckseltem Trockengrünfutter in der Ration positive Auswirkungen auf die Gesundheit der Herden haben. Die vier Gründe für den Einsatz von getrocknetem Grünfutter in der Milchviehfütterung lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:
- aus tiergesundheitlicher Sicht ist Heu eine Alternative zur einseitigen Silagefütterung, besonders bei risikobehafteten Gras- und Leguminosensilagen,
- der hohe Entwicklungsstand der computergestützten Steuerungs- und Regeltechnik des gesamten Trocknungsprozesses ermöglicht energieeffiziente Verfahren unter Dach mit verschiedenen Energiequellen zur Erzeugung von Heu als Grobfutter mit hoher Qualität,
- durch die verkürzte Anwelkdauer und den schonenden Trocknungsprozess werden relativ niedrige Nährstoff- und Futterenergieverluste möglich, die eine hohe Flächenproduktivität ergeben,
- durch den schonenden Trocknungsprozess werden spezifische Inhaltsstoffe des Grünfutters erhalten.
Von Ginzinger (206) wird der besondere Wert der Heumilch bzw. der silagefreien Fütterung der Milchkühe für die Herstellung langgereifter Hartkäsesorten (Emmentaler, Bergkäse, Gruyere, Comte, Parmesan u.a.) hervorgehoben. Dabei spielen die Parameter käsereischädliche Clostridien, Vorkommen von Listerien, hoher Gehalt an Ʊ-3-Fettsäuren, CLA (konjugierte Linolsäuren), Carotin- und Vitamingehalt, sowie Geschmacks- und Geruchsfragen eine Rolle. Kernpunkt aller Milchregulative ist das Verbot von Silage. Solche Milchregulative gibt es in verschiedenen Bundesländern in Österreich, im Allgäu, der Schweiz, Italien und Frankreich.
In den folgenden Tabellen (5 u. 6) „Rationstypen mit Grasheu verschiedener Qualitäten als alleiniges Grobfutter“ soll der Einfluss des Futterwertes auf die potentielle Milchleistung dargestellt werden.
Tab. 5: Rationstypen mit Grasheu I * verschiedener Qualität als alleiniges Grobfutter
Heu 1 | Heu 2 | Heu 3 | Heu 4 | |||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
MJ NEL/kg TS | 4,8 | 5,2 | 5,6 | 6,0 | ||||||
g Rohprotein/kg TS | 110 | 120 | 130 | 140 | ||||||
g Rohfaser/kg TS | 310 | 290 | 270 | 250 | ||||||
kg /Tier und Tag | ||||||||||
Heu | 13,0 | 14,0 | 15,0 | 16,0 | ||||||
Getreide | 0,0 | 3,0 | 0,0 | 3,0 | 0,0 | 3,0 | 0,0 | 3,0 | ||
Mineralfutter g | 200 | 200 | 200 | 200 | ||||||
reicht für Liter Milch | ||||||||||
Energie | 5 | 12 | 8 | 14 | 11 | 17 | 14 | 20 | ||
Rohprotein | 9 | 13 | 11 | 15 | 14 | 18 | 17 | 20 | ||
je Tier und Tag | ||||||||||
strukturw. Rohfaser | max. 3500g | |||||||||
strukturw. ADFom | max. 3750g | |||||||||
je kg TS der Ration | ||||||||||
MJ NEL | 5,6 | 6,0 | 5,8 | 6,2 | 6,1 | 6,4 | 6,4 | 6,7 | ||
Rohprotein | 108 | 112 | 118 | 120 | 128 | 128 | 138 | 137 | ||
UDP in % d. RP | 20 | 21 | 20 | 22 | 20 | 2 | 20 | 22 | ||
Stärke, Zucker, Fruktane | 29 | 153 | 30 | 146 | 30 | 139 | 30 | 134 | ||
Kalzium | 7,4 | 6,1 | 7,2 | 6 | 7 | 5,9 | 6,8 | 5,8 | ||
Phosphor | 3,8 | 3,8 | 3,7 | 3,7 | 3,7 | 3,7 | 3,7 | 3,6 | ||
Anteil Grobfutter % | 99 | 80 | 99 | 81 | 99 | 82 | 99 | 81 |
* Bodentrocknung
Dazu wurde auf der Grundlage langjähriger Beratungserfahrungen in Heumilchbetrieben die Kapazität der Aufnahme an Fasern als Basis für die tägliche Heumenge angenommen. Die Fasermenge liegt bei Heufütterung um 10 – 15 % höher als bei Silagefütterung und wird mit 3500 g strukturwirksamer Rohfaser bzw. 3750 g strukturwirksamer Säure Detergenzienfaser je Tier und Tag bei 650 bis 700 kg Körpermasse angenommen. Der Strukturfaktor „ f „ beträgt für Heu = 1, d.h. der jeweils analytisch ermittelte Rohfaser- bzw. ADF – Gehalt ist auch voll strukturwirksam (Konzentrate werden in diesem System als nicht strukturwirksam angenommen). Die entsprechende Fasermenge ergibt die mögliche Menge an Heu. Dafür wurde ausgewiesen, für wieviel Liter Milch das Rohprotein und die Energie ausreichen. Dieser Wert gibt praktisch das „Milchpotential“ des Grobfutters an. Bei der Heufütterung weisen diese Werte in der Regel einen Rohproteinüberschuss aus. Um diesen auszugleichen, wurde Getreide soweit zugegeben, dass das Verhältnis von Rohprotein : Energie ausgeglichen ist. Dazu waren etwa 3 kg Getreide notwendig. Für diese Ration wurde wiederum das „Milchpotential“ ausgewiesen, das nun angibt, wieviel Milch mit dieser ausgeglichenen Ration erzeugt werden kann. Diese Getreidemenge ist das Minimum, das zu dem jeweiligen Heu zugefüttert werden müsste, um eine bedarfsgerechte, ausgeglichene Ration zu haben. Wird eine höhere Milchleistung angestrebt, ist nur eine Kraftfuttermischung von etwa 180 g Rohprotein und 6,9-7,0 MJ NEL je kg zuzufüttern, wobei mit jedem kg etwa 1,8 – 2 kg Milch produziert werden.
Tab. 6: Rationstypen mit Grasheu II * verschiedener Qualität als alleiniges Grobfutter
Heu 1 | Heu 2 | Heu 3 | Heu 4 | |||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
MJ NEL/kg TS | 5,8 | 6,2 | 6,6 | 7,0 | ||||
g Rohprotein/kg TS | 140 | 150 | 160 | 170 | ||||
g Rohfaser/kg TS | 280 | 260 | 240 | 220 | ||||
kg/Tier und Tag | ||||||||
Heu | 14 | 15 | 16,5 | 18,0 | ||||
Getreide | 0,0 | 3,0 | 0,0 | 3,0 | 0,0 | 3,0 | 0,0 | 3,0 |
Mineralfutter g | 200 | 200 | 200 | 200 | ||||
reicht für Liter Milch | ||||||||
Energie | 11 | 19 | 14 | 23 | 18 | 26 | 23 | 31 |
Rohprotein | 15 | 20 | 18 | 23 | 23 | 27 | 28 | 32 |
je Tier und Tag | ||||||||
strukturw. Rohfaser | max. 3500 g | |||||||
strukturw. ADFom | max. 3750 g | |||||||
je kg TS der Ration | ||||||||
MJ NEL | 5,7 | 6,2 | 6,1 | 6,5 | 6,5 | 6,8 | 6,9 | 7,1 |
Rohprotein | 138 | 136 | 148 | 145 | 158 | 154 | 167 | 163 |
UDP in % d. RP | 40 | 37 | 40 | 37 | 40 | 37 | 40 | 38 |
Stärke, Zucker, Fruktane | 51 | 142 | 52 | 135 | 53 | 127 | 56 | 121 |
Kalzium | 8,7 | 7,4 | 8,5 | 7,3 | 8,3 | 7,2 | 8,1 | 7,1 |
Phosphor | 3,9 | 3,9 | 3,8 | 3,8 | 3,8 | 3,8 | 3,7 | 3,7 |
Anteil Grobfutter % | 99 | 82 | 99 | 83 | 99 | 84 | 99 | 85 |
* mit Warmluft / Entfeuchter unter Dach getrocknet
In der ersten Tabelle sind vier Rationen mit bodengetrocknetem Heu (4,8 – 6,0 MJ NEL, 110 – 140 g Rohprotein je kg TS)) dargestellt. Das Heu bringt zwischen 5 und 14 l Milch, entsprechend dem Energieangebot und 9 – 17 l nach der Rohproteineinnahme. Wird die Ration mit 3 kg Getreide ausgeglichen, werden bei dem schlechtesten Heu etwa 13 kg Milch, bei dem besten Heu etwa 20 l erreicht.
Die zweite Tabelle zeigt die Verhältnisse für das unter Dach mit Warmluft bzw. Entfeuchter getrocknete Heu (5,8 – 7,0 MJ NEL, 140 – 170 g Rohprotein je kg TS). Das Heu bringt zwischen 11 und 23 Liter entsprechend dem Energieangebot und 15 – 28 l nach der Rohproteingabe. Wird die Ration mit 3 kg Getreide ausgeglichen, werden bei dem Heu mit dem niedrigen Futterwert etwa 20 kg Milch, bei dem besten Heu mit 7 MJ NEL etwa 32 l erreicht.
Die Kalkulationen zeigen: um mit geringem Kraftfutteraufwand hohe Milchleistungen mit gesunden Kühen zu erreichen, ist ein hoher Futterwert (Energie, Rohprotein) wichtigste Voraussetzung. Hierzu ist der ganze Komplex vom Pflanzenbestand über den optimalen Schnittzeitpunkt bis zur Wahl eines effektiven Trocknungsverfahrens zu beherrschen. Für eine bedarfsgerechte Grundration steht die Ergänzung mit Getreide im Vordergrund. Es zeigt sich, dass bei gutem Belüftungsheu mit 2- 3 kg Getreide 30 l Milch je Kuh und Tag ermolken werden können. Aufgrund der guten Rohproteinqualität stellen Rationen mit Qualitätsheu keine speziellen Ansprüche an die Rohproteinversorgung. Da das Heu als alleiniges Grobfutter maßgeblich die Rationsgestaltung bestimmt, wird dringend empfohlen, jede Charge in einem Futtermittellabor untersuchen zu lassen, um sachgemäß die Ration berechnen zu können.
Ergänzte und erweiterte Fassung nach einem Beitrag in dlz-agrarheute (im Druck).
Stand: März 2022