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Der Fütterungsberater

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Diätetik bei Harnsteinen von Hund und Katze - Die Sonderfälle

Nachdem im Blog aus der vergangenen Woche die Harnstein“klassiker“ – Calciumoxalat und Struvit – thematisiert wurden, soll sich dieser Artikel den seltener diagnostizierten Harnkonkrementen widmen.

=> Calciumphosphate (CaP)

Bei den CaP-Steinen wird zwischen Karbonatapatiten und Brushiten unterschieden. Am häufigsten kommen Karbonatapatitsteine als Beimengungen in Calciumoxalatsteinen vor. Eine Übersättigung des Harns ist hier durch eine verminderte Löslichkeit von Calciumphosphat bedingt, welche wiederum aus einer Hyperkalziurie (= erhöhte Ca-Ausscheidung über den Harn) resultiert. Diese entsteht, wenn die Calciumresorption aus dem Knochen oder die Absorption aus dem Darm zu hoch ist oder die Ca-Rückresorption aus den Nierentubuli zu niedrig. Zudem begünstigt ein Mangel an Inhibitoren die Kristallisation – Chelatbildner für diese Steinbestandteile sind Zitrat oder Magnesium. Seltener sind Karbonatapatite auch Mischpartner für Struvitsteine oder kommen in reiner Form vor. Ein gemeinsames Ausfallen mit Struvit ergibt sich erst ab einem pH-Wert von über 7,0, wenn beide schwer löslich sind und so gemeinsam ausfallen. Reine, vor allem rezidivierend vorkommende Karbonatapatitsteine (pH > 6,8) liegen in der Regel in einer Störung des Ca-Stoffwechsels begründet (primärer Hyperparathyreodismus, Hyperadrenokortizismus). Rezidivprophylaktisch sollte, nachdem primäre Ca-Stoffwechselstörungen ausgeschlossen oder therapiert wurden, für ein ausreichend hohes Harnvolumen und ein damit einhergehendes niedriges spezifisches Gewicht (< 1,020) gesorgt werden. Bei einem Mischstein mit hohem Struvitanteil sollte eine Infektionskontrolle erfolgen. Zudem ist auf eine Gabe von Medikamenten, die die renale Ca-Ausscheidung fördern (Glukokortikoide, Furosemid), zu verzichten und bei reinen Steinen der Harn pH-Wert zu senken.

Die am häufigsten betroffenen Hunderassen sind neben den Terriern Cockerspaniel und Pudel. Bei Katzen sind reine Phosphatsteine sehr selten. Wenn, dann werden sie am häufigsten beim Perser und Kartäuser beobachtet. Vor allem männlich-kastrierte Tiere, die zudem noch adipös sind, sind überdurchschnittlich häufig betroffen.

=> Ammoniumuratsteine

Die Entstehung von Ammoniumuratsteinen liegt in einer Störung des Purinstoffwechsels begründet. Physiologischerweise wird Harnsäure in Allantoin umgewandelt. Bei betroffenen Tieren liegt jedoch die Vermutung nahe, dass zum einen die Reabsorption von Harnsäure im proximalen Tubulussystem der Niere gestört ist und zum anderen die Leberzellmembranen partiell impermeabel für Harnsäure sind. Im pH-Bereich von unter 5,7 kommt es zur Kristallisation von Harnsäure, über 6,3 von NH4+-Urat und im Zwischenbereich dieser beiden Werte entstehen Mischformen.

Bei einer proteinarmen Rationsgestaltung kommt es zum Anstieg des Harn-pHs, einem geringeren Phosphatgehalt im Harn und einem daraus resultierenden Ungleichgewicht des Puffersystems im Harn. Als Ausgleich wird nun aus Glutamin vermehrt Ammonium abgespalten. Daher entstehen auch bei proteinarmer Ernährung Ammoniumuratsteine. Bei hoher Protein- und Purinaufnahme kommt es hingegen zu vermehrter Harnsäurebildung und –ausscheidung – im Harn sinkt daher der pH-Wert und es liegen hohe Ammoniumkonzentrationen vor. Dies erhöht wiederum das Risiko für eine Uratsteinbildung. Zudem wird beschrieben, dass ein Inhibitorenmangel das Risiko für die Entstehung von Uratsteinen erhöht. Eine weitere Ursache kann in Anomalien des Leberpfortadersystems (in den häufigsten Fällen ein portosystemischer Shunt) liegen. Durch die damit einhergehende reduzierte Leberdurchblutung und –funktion ist die Umwandlung von Urat in Allantoin und von Ammoniak in Harnstoff eingeschränkt. Die betroffenen Patienten zeichnen sich zudem durch hohe Urat- und Ammoniakserumgehalte und eine erhöhte Ammoniumkonzentration im Harn aus.

Von ernährungsphysiologischer Seite sollte sowohl als unterstützende therapeutische Maßnahme wie auch rezidivprophylaktisch eine Ration mit verringertem Rohprotein- und niedrigem Puringehalt erstellt werden. Hierbei ist auf die Verfütterung von purinreichen Futtermitteln wie Innereien, Hülsenfrüchten und Fleisch zu verzichten – als Alternativen können Milch- und Eiprodukte sowie pflanzliche Proteinquellen angeboten werden. Eine Alkalisierung des Harns (Ziel: 7,0 – 7,5) ist durch Zugabe von Natriumbikarbonat oder Kaliumzitrat zu erreichen. Medikamentös wird Allopurinol verabreicht, welches die Xanthinoxidase unterdrückt. Deren Aufgabe ist die Umwandlung von Hypoxanthin in Xanthin, aus welchem wiederum Harnsäure gebildet wird.

Bei Hunden sind 60 bis 80 % aller Ammoniumuratsteine Dalmatinern zuzurechnen, die weitere Rassenverteilung bezieht sich wieder auf kleine Terrierarten, sowie auf Shi Tzu, Pekinesen und Zwergschnauzer. Zwischen 80 bis über 90 % der betroffenen Tiere sind männlich – bei weiblichen Tieren vermutet man, dass die kleinen und glatten Uratsteine symptomlos über die Harnröhre ausgespült werden. Bei Katzen waren in 79 % der Fälle einer europäischen Studie Europäisch Kurzhaar betroffen, 10 % der Patienten waren Perser und 5 % fielen auf Siamkatzen. Im Gegensatz zu anderen Steinarten waren hier die weiblichen Tiere mit 65 % in der Überzahl (90 % davon waren kastriert) und ebenfalls 65 % aller Patienten waren adipös. Bei der Katze ist eine genetische Prädisposition wie etwa beim Dalmatiner nicht bekannt. Vermutlich liegt die Entstehung von Uratsteinen hier ausschließlich in einer stark überhöhten Purinzufuhr (Innereien, Fleischprodukte) und einer damit einhergehenden hohen Uratkonzentration im Harn begründet.

Beispielration für einen Hund zur Behandlung von Ammoniumurat-Steinen (Dalmatiner, 26 kg KM, m) - Alle Mengenangaben sind Rohgewichte und stellen die Tagesrationsmenge dar.

MengeFuttermittel
120gEi, gekocht
100gkörniger Frischkäse
200gNudeln
150gMöhren
10gLeinöl
5gKochsalz
10gvitaminisiertes Mineraltfutter
3,9gKaliumzitrat
500mgAllopurinol

* Die tägliche Menge an Kochsalzzulage kann bis auf 1g NaCl/ kg KM gesteigert werden

=> Cystinsteine

Physiologischerweise wird Methionin in gut lösliches Cystein und dieses vor der renalen Elimination durch Oxidation in Cystin umgewandelt. Dieser letzte Schritt ist unter einer hohen Ascorbatkonzentration auch im Harn reversibel. Durch einen erblichen Defekt ist jedoch die Rückresorption von bestimmten Aminosäuren in der Niere beeinträchtigt, wobei Cystin die einzige Aminosäure ist, die im Harn in schwerlöslicher Form (bei pH < 7,0) vorliegt. Betroffene Tiere sind von der Zucht auszuschließen (Gentest mittels PCR), da eine erblich bedingte Cystinurie autosomal rezessiv vererbt wird.

Eine Auflösung der Steine ist mittels einer speziellen Diät und medikamentöser Therapie gut möglich. Methioninhaltige Futtermittel wie alle Proteine tierischen Ursprungs, aber auch Weizen und Erdnüsse, sollten reduziert und die Rohprotein-Zufuhr so angepasst werden, dass diese auf den Bedarf des Patienten reduziert wird. Eine Erhöhung der Diurese sollte über ein Angebot von Feuchtfutter realisiert werden. Ziel ist es, das spezifische Gewicht des Harns auf unter 1,020 zu senken. Auf eine Gabe von Salz sollte hierbei aber verzichtet werden, da in humanmedizinschen Studien ein erhöhter Natriumanteil zu einer verstärkten Cystinausscheidung führte. Die Löslichkeit von Cystin wird durch eine Alkalisierung des Harns (pH > 7,5) gesteigert. Sinnvoll ist hier die Gabe von Kaliumzitrat, welches den Harn-pH-Wert nachweislich steigert. Außerdem kann die Gabe von Ascorbinsäure sinnvoll sein, da diese im Harn zu einer Reduktion von Cystin zu Cystein führt. Zu beachten ist hierbei zum einen die leicht ansäuernde Wirkung von Ascorbat, zum anderen eine teilweise Metabolisierung zu Oxalat.

Anfang der 80er Jahre waren noch über 40 % aller in Deutschland bei Hunden analysierten Harnsteine aus Cystin. Dieser Anteil hat sich jedoch seitdem drastisch reduziert – in den letzten dazu veröffentlichten Studien lag der Anteil nur noch bei 5 – 7 %, in den USA bereits Ende der 1980er Jahre nur bei 2 %. Lange Zeit wurde angenommen, dass ausschließlich männliche Tiere an Cystinsteinen erkranken, jedoch wurden auch seltene Fälle weiblicher Tiere beschrieben. Wahrscheinlich werden durch die kurze und breite weibliche Harnröhre die kleinen multiplen Cystinsteine symptomlos ausgespült. Die Patienten waren im Durchschnitt deutlich jünger als andere Harnsteinpatienten. Betroffene Rassen, für die eine die Cystinurie auslösende genetische Komponente vorliegt, sind der Irish Terrier (81,8 % aller nachgewiesenen Cystinsteine), Basset, Münsterländer, Rottweiler und Dackel. Die im Sediment als charakteristische sechseckige Kristalle erscheinenden Steine sind bei Katzen mit 0,3 – 0,6 % sehr selten. In einer Studie wurden 11 Fälle von Cystinsteinen bei Katzen beschrieben, wovon sechs Tiere Siamkatzen und drei Europäisch Kurzhaar waren. Cystinsteine haben allerdings mit 45 % die höchste Rezidivrate aller Harnsteine.

Stand: Juli 2021

 

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