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Der Fütterungsberater

Ein Blog zu Futtermittelanalytik, Tiergesundheit, Fütterung und Diätetik.

Blogbeitrag
LKVFütterungsberater
Geflügel

Federpicken und Kannibalismus bei Legehennen

Federpicken und Kannibalismus bei Legehennen

Dr. Cornelia Rückert

Fachtierärztin für Tierernährung und Diätetik

Als Federpicken bezeichnet man das Bepicken, Herausziehen und Fressen von Federkielen von Artgenossen, beim Kannibalismus wird hingegen an Haut gepickt. Hierbei kann es zu blutenden Wunden, v.a. im Bereich der Kloake und der Zehen kommen. Diese wiederum animieren Geflügel aufgrund deren Präferenz für die Farbe „rot“ zum weiteren Bepicken und enden nicht selten in nicht behandelbaren Entzündungen, die das Schlachten der betreffenden Tiere notwendig machen.

Bei beiden Formen handelt es sich nicht um aggressives Verhalten (zu Unterscheiden ist hier das gezielte Picken auf den Kopf bei jungen geschlechtsreifen Putenhähnen), sondern zeigt vielmehr eine Verhaltensstörung auf, die sowohl haltungs- wie auch fütterungsbedingte Ursachen haben kann. https://www.ml.niedersachsen.de//Empfehlungen_zur_Vermeidung_von_Federpicken_und_Kannibalismus_bei_Jung-_und_Legehennen_neu_2017.pdf

Haltung

Bei der Umstallung der Junghennen in der 17. – 18. Lebenswoche sollte darauf geachtet werden, dass sich die Herde möglichst aus Tieren einer gemeinsamen Aufzucht zusammensetzt. Wichtig ist, dass die Junghenne in Aufzucht an die Bedingungen adaptiert werden, die sie später als Legehenne vorfinden werden.

Bei der Einstallung sollten die Tiere gleichmäßig im Stall und in der Nähe zu Futter-/ Wasserplätzen verteilt werden. Als Einstreu muss ausreichend Scharrmaterial vorhanden sein. Eventuell ist das Angebot von Getreidekörnern in der Einstreu (nicht mehr als 10g/ Tier, nicht in ersten Tagen der Einstallungsphase) sinnvoll. Es ist unbedingt auf eine ruhige Eingewöhnung zu achten, Stress innerhalb der Gruppe sollte vermieden werden sowie – sollten die Tiere ängstliches Verhalten gegenüber dem Menschen zeigen - eine Gewöhnung an das Pflegepersonal erfolgen.

Um eine einheitliche Entwicklung der Herde zu gewährleisten, sollte wöchentlich eine stichprobenartige Gewichtskontrolle einzelner Tiere erfolgen (Uniformität von mind. 80%). Stark untergewichtige Tiere sollten aus der Herde entfernt werden, da diese vom Futter verdrängt und als erstes bepickt werden und somit Unruhe in die gesamte Gruppe bringen. Um Federpicken aus „Langeweile“ zu verhindern, sollten den Tieren neben ausreichend Einstreu (1-2 cm Höhe sind ausreichend) falls möglich ein Kaltscharrraum und Sitzstangen angeboten werden. Als Einstreumaterial eignen sich neben Stroh oder Hobelspänen auch Holz- oder Strohpellets, Sand, getrocknete Maissilage oder Holzhackschnitzel. Als besonders günstig hat sich Lignozellulose erwiesen. Diese hat eine sehr gute Wasserbindungsfähigkeit, ohne dass sie sich bei Druck feucht anfühlt. Andererseits kann sie auch effizient Feuchtigkeit abgeben, so dass die Einstreu wieder trocken werden kann. Diese Tatsache kann das Auftreten von Fußballenentzündungen (Pododermatitis) signifikant senken.

Neben der Einstreu sollte den Tieren weiteres manipulierbares Beschäftigungsmaterial angeboten werden. Dies können Pickblöcke, Stroh oder Heu sein. Auch sollte den Hennen die Möglichkeit zum Staubbaden gegeben werden.

Die maximale Gruppengröße sollte 6000 Jung- oder Legehennen ohne räumliche Trennung betragen. Eingangsbereiche, die häufiger vom Menschen frequentiert werden, müssen eine niedrigere Besatzdichte aufweisen, da hier sonst durch neugieriges Herankommen und Explorationsverhalten der Tiere die Gefahr des Erdrückens besteht. In diesem Zusammenhang sollte auch die maximal mögliche Besatzdichte beachtet werden:

                       11. – 34. LT: max. 50 Tiere/ m²

                       ab 35. LT: Nutzfläche auf mehreren Ebenen: max. 18 Tiere/ m²

                       Bodenhaltung: max. 9 Tiere/ m²

Bei der Temperaturgestaltung sind Werte im Bereich von 16 bis 18°C empfehlenswert. Sinkt die Temperatur darunter ab, ist das bei gut befiederten Hennen kein gesundheitliches Problem. Es wurde jedoch beobachtet, dass das Risiko von Federpicken und Kannibalismus bei niedrigen Temperaturen zunimmt. Temperaturen über 30°C sollten wegen des starken Hitzestresses ebenso vermieden werden. Es ist eine Luftfeuchte von 60-70% anzustreben.

Für Schadgase in der Stallluft gelten folgende Grenzwerte (bei mind. 20% O2):

 

CO2< 0,3 %NH3< 10 ppm
CO< 40 ppmH2S< 5 ppm

Fütterung

Struktur: Einen entscheidenden Einfluss auf die Befriedigung des Pickbedürfnisses und somit das Vermeiden von Federpicken und Kannibalismus hat die Struktur des Futters. Dieses sollte grob vermahlen mit einheitlicher Struktur oder gekrümelt sein. Pellets sind dagegen eher ungeeignet, da diese als recht große Bestandteile schnell aufgenommen sind. Um eine ausreichende Akzeptanz auch beim Chargenwechsel sicherzustellen, sollte sich die Konfektionierung des Futters nicht ändern. Im Folgenden ist die empfohlene Verteilung der Korngrößen dargestellt:

 

Siebgröße (mm)Passierender Anteil (%)
0,519
1,040
1,575
2,090
2,5100

 

Mineralstoffe: Eine besondere Bedeutung kommt hier den Mengenelementen Calcium (Ca) und Natrium (Na) zu. In Beständen, die vermehrt Federpicken/ Kannibalismus zeigen, wird hier überdurchschnittlich häufig eine Unterversorgung mit diesen beiden Mineralstoffen beobachtet. Gerade Ca und Na kann man gezielt als Monosupplement der Ration zulegen. Als Ca-Lieferant haben sich Muschelschalen bewährt. Zum Beispiel in Form von Austernbruchschalen werden diese gerne angenommen und stellen neben der Bedarfsdeckung ein beliebtes Beschäftigungsmaterial dar. Na kann in Form von grobkörnigem Salz ergänzt werden. Hierbei sollte jedoch die Aufnahme begrenzt werden, da die Aufnahme von Salz ein Durstgefühl hervorruft und die daraus resultierende übermäßige Wasseraufnahme die Exkrementenqualität negativ beeinflussen kann.

Protein und Aminosäuren: Eine Proteinunterversorgung kann zu vermehrtem Federpicken und Kannibalismus führen. Jedoch ist es nicht ratsam, Protein im Gegenzug bedarfsüberschreitend zu verfüttern. Damit würde der Stoffwechsel (Verstoffwechselung und Ausscheidung von Harnsäure über Leber und Nieren) und Umwelt belastet. Sinnvoller ist es hier, einzelne essentielle Aminosäuren zuzulegen (RAM-Konzept). Hierbei spielt vor allem Methionin und Lysin eine entscheidende Rolle. Es sei jedoch erwähnt, dass dieses Verfahren in der ökologischen Legehennenhaltung nicht möglich ist (Verbot synthetischer Aminosäuren), daher muss hier in der Fütterung mit höheren Proteingehalten gerechnet werden.

Im Folgenden sind die Bedarfsempfehlungen für Legehennen (19. – 45. LW) der in Hinblick auf Federpicken/ Kannibalismus besonders bedeutenden Nährstoffe aufgelistet:

 

ParameterBedarf (g/Tier/Tag)Gehalt bei 110g tägl. FutteraufnahmeGehalt bei 120 g tägl. Futteraufnahme
Rohprotein (%)18,516,815,4
Methionin (%)0,180,160,15
Lysin (%)0,870,790,72
Calcium (%)4,13,73,4
Natrium (%)0,440,40,37

 

Im Vergleich zu diesen Bedarfsempfehlungen ist hier die Variation der o.g. Parameter von Futterproben dargestellt, die im Jahr 2020 im LKS Futtermittellabor analysiert wurden:

 

ParameterMinimumMittelwertMaximum
Rohprotein (%)13,617,626,2
Methionin (%)0,290,320,36
Lysin (%)0,770,780,79
Calcium (%)1,63,54,4
Natrium (%)0,040,140,2

 

 

Stand: März 2021

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