Harnsteine beim Pferd
Aufgrund des für Pflanzenfresser typischen alkalischen Harn-pH-Wertes und der Tatsache, dass Pferde bedarfsüberschreitend aufgenommenes Calcium zu einem hohen Prozentsatz renal ausscheiden, werden bei ~ 90% der Harnsteinpatienten Calciumcarbonatsteine diagnostiziert. Seltener sind Mischformen mit Struviten (Ammonium-Magnesiumphosphaten) oder Calciumphosphaten zu beobachten. Hengste und Wallache sind gegenüber Stuten überrepräsentiert (die weite Harnröhre der Stute erleichtert einen spontanen Abgang kleinerer Harnsteine). Zudem können entzündliche Prozesse in den harnableitenden Wegen, bei denen „aufgerauhtes“ Epithel als Kristallisationskern für die lithogenen Substanzen dient, sowie eine zu geringe Wasseraufnahme zu einer erhöhten Anfälligkeit für die Ausbildung von Harnsteinen führen.
Betroffenen Tiere zeigen Schmerzen beim Harnabsatz und Abdominalschmerzen (vermehrtes Schauen in Richtung Bauch, ggf. Treten), ggf. Absatz kleiner Harnmengen und Blutbeimengungen im Harn.
Neben einer Schmerztherapie im Akutfall und einer chirurgischen Entfernung des Harnsteins sind fortan bei prädisponierten Tieren (die Prädisposition ist hierbei häufig individuell bedingt) zwingend spezielle diätetische Maßnahmen einzuhalten:
- Reduzierung der Ca-Versorgung auf ein bedarfsdeckendes Maß. Hierbei sollten v.a. ungeeignete Mineralfuttermittel (Cave: wohlschmeckende Leckmassen!) sowie Ca-haltige Futtermittel wie Luzerneprodukte, kräuterhaltige Supplemente und Rübenschnitzel vermieden werden.
- Liegen Mischformen mit Struvitbeteiligung vor, sollte zudem ein Protein-, Phosphor- und Magnesiumüberschuss in der Ration umgangen werden.
- Um die Mineralstoffaufnahme und demzufolge ggf. überhöhte Aufnahme lithogener Substanzen zu vermeiden, ist eine detaillierte Rationserstellung basierend auf einer Analyse der verfütterten Heucharge ratsam.
Bzgl. der Gehalte an lithogenen Substanzen im Grundfutter (zumeist Heu) sollte beachtet werden, dass die Konzentrationen v.a. an Ca hier sehr stark schwanken können. Eine Auswertung der analysierten Ca-Gehalte aus den im LKS Labor analysierten Heuproben im Zeitraum 2019 – 2022 zeigen diese deutlichen Unterschiede auf:
Abb.1: Ca-Gehalte aus den im Labor der LKS mbH analysierten Heuproben
Vor allem die „Ausreißer“ mit Ca-Konzentrationen über 10g Ca /kg Heu sind für Harnsteinpatienten nicht geeignet und zeigen, dass eine Mineralstoffanalytik der verfütterten Heucharge beim Harnsteinpatienten oberste Priorität haben sollte.
- Liegen entzündliche Veränderungen der harnableitenden Wege vor und ist es daher notwendig, die Epithelintegrität zu unterstützen, ist eine erhöhte Vit. A- und Vit. E-Zufuhr empfehlenswert.
- Da die beschriebenen Harnkonkremente in einem alkalischen pH-Bereich entstehen, kann versucht werden, mittels harnansäuernder Supplemente den Harn-pH zu erniedrigen. Hierzu kann z.B. Ammoniumchlorid (Dosierung: 50 – 100 mg/ kg KM) über einen Zeitraum von maximal zwei Monaten eingesetzt werden. Es muss aber betont werden, dass dies beim Pflanzenfresser schwer zu realisieren ist. Durch den hohen Gehalt von Kationen im Grünfutter (v.a. Kalium), welche puffernd und somit pH-Wert-erhöhend wirken, ist kaum eine ausreichende Azidierung des Harns zu erreichen.
- Unabhängig von der Tierart und der chemischen Zusammensetzung des Harnsteines ist es immer ratsam, eine Verdünnung des Harns und damit Konzentrationsabnahme der lithogenen Substanzen in diesem herbeizuführen. Eine dafür notwendige Erhöhung der Tränkwasseraufnahme kann über die Zulage von nichtjodiertem Kochsalz (~ 10g NaCl/ 100 kg KM) zu der Ration erfolgen. Hierbei ist aber unbedingt darauf zu achten, dass immer ausreichend Wasser in geeigneter Qualität zur Verfügung steht, da es sonst zu einer Natriumvergiftung kommen kann. Das Salz kann in kristalliner Form dem Krippenfutter zugegeben werden oder in „Snackform“ (Salzpaste, gesalzene Gemüseriegel etc.) und wird meist gut akzeptiert. Das bloße Angebot eines Salzlecksteins ist für diese Zwecke ungeeignet. Die Salzaufnahme über Lecken an diesem erzeugt einen zu geringen Abrieb, so dass keine diätetisch notwendige Salzmenge aufgenommen wird.
Stand: Februar 2023