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Der Fütterungsberater

Ein Blog zu Futtermittelanalytik, Tiergesundheit, Fütterung und Diätetik.

Blogbeitrag
LKVFütterungsberater
Rind

Milchinhaltsstoffe aus der Tankmilch als Kontrollinstrument der Fütterung - neue Parameter

Die tägliche Bestimmung von Milchinhaltstoffen aus der Tankmilch ermöglicht die Nutzung dieser Daten für das Fütterungscontroling. Neben den Parameter Fett, Eiweiß, Harnstoff, Zellzahl u. a. werden in der Milchgüte App des Sächsischen Landeskontrollverbandes e. V. ab sofort auch die de Novo Fettsäuren und eine Schätzung der Methanproduktion [g Methan/Kuh und Jahr] ausgewiesen (siehe Abbildung 1). Die Schätzung des Methans und die Umsetzung in diese App erfolgte im Rahmen des durch die BLE geförderten Innovations-/Verbundprojekt REMISSION DAIRY.

 

 

Abbildung 1 und 2: De novo Fettsäuren und Methan

Im nachfolgenden sollen erläutert werden, inwieweit mit diesen neuen Daten das Fütterungsmanagement eingeschätzt und gesteuert werden kann.

Was sind de-novo Milchfettsäuren?

Sowohl der Milchfettgehalt als auch die Milchfettzusammensetzung (Fettsäuremuster) können durch das Fütterungsmanagement beeinflusst werden. Durch den Abbau der pflanzlichen Zellwand (Zellulose und Hemizellulose) im Pansen entsteht überwiegend Essigsäure und teilweise Buttersäure. Diese werden über das Blut in das Euter transportiert. In der Milchdrüse werden aus der Essigsäure u. a. die kurz- und mittelkettigen Fettsäuren (C4-C14) synthetisiert. Aus diesem Grund wird diese Gruppe von Fettsäuren auch als de-novo Fettsäuren (neu synthetisiert) bezeichnet. Der Gehalt an de-novo Fettsäuren in der Milch steht somit in direkter Beziehung zur Funktionsfähigkeit des Pansens. Ziel ist ein hoher Gehalt an de-novo Fettsäuren, d. h., mindestens >0,9% in der Milch. In den Wintermonaten sollte der Wert bei >1,1% liegen. Niedrige Gehalte an de-novo Fettsäuren sind ein Hinweis auf eine ungenügende Pansenfermentation (Pansenfermentationsstörung), geringe Verdaulichkeit der NDF (Zellwand), zu hoher Rohfettgehalt und/oder geringe Futteraufnahme. In den Sommermonaten kann es aber auch ein Hinweis auf zu hohen Hitzestress sein. In wissenschaftlichen Studien konnte auch der Zusammenhang zwischen einem niedrigen Gehalt an de-novo Fettsäuren und der Tiergesundheit belegt werden. Tiere am Beginn der Laktation mit einem niedrigen de-novo Fettsäuregehalt zeigten ein deutlich erhöhtes Risiko für Behandlungen wegen Labmagenverlagerungen, Ketose oder anderen Krankheiten.

Die de-novo Fettsäuren eignen sich sehr gut zum regelmäßigen Fütterungscontrolling und der Rationsanpassung. Sie ergänzen die anderen Inhaltsstoffe wie Fett, Eiweiß und Harnstoff sehr gut.

Werte über 1,4% in der Milch werden in der Regel nicht beobachtet und sind eher ein Hinweis auf zu niedriger Milchleistung, Probenannahme- oder Messfehler.

Abbildung 3-5:

tägliche Werte (Grafik), tägliche Werte (Tabelle), monatliche Entwicklung (Grafik)

  

In Abgrenzung zu den de-novo Fettsäuren werden die langkettigen C18 Fettsäuren, welche überwiegend direkt aus dem Futter oder aus dem Körpersubstanzabbau stammen als „Preformed“ Fettsäuren, also „vorgefertigte“ Fettsäuren, bezeichnet.

Methan

Im Laufe der Millionen Jahre andauernden Anpassung der Wiederkäuer an die Aufnahme von zellulosereichen Gräsern hat sich eine Symbiose mit einem Mikrobiom im Pansen und dem Wirtstier entwickelt. In den Vormägen der Wiederkäuer ist eine artenreiche Mikrofauna (Bakterien) angesiedelt, die mit ihrem Enzymsystem die Verwertung von Zellulose ermöglicht. Nur die Pansenbakterien des Wiederkäuers sind in der Lage, dieses Kohlenhydrat für die Erzeugung von Milch und Fleisch nutzbar zu machen. Je nach Leistung kann er dafür Futter nutzen, die von Menschen und monogastrischen Tierarten nicht verwertet werden können (absolutes Tierfutter). Aus der Gärbiologie ist bekannt, dass etwa 70 % des Methans aus Essigsäure entstehen. Die Funktion der Methanbildung ist die Aufnahme des H+-Überschuss und die deutliche Reduzierung des Gasvolumens im Pansen. Die gebildeten Gase werden mit dem Ruktus (= Abgabe der im Vormagensystem des Wiederkäuers gebildeten Gase an die Umwelt) ausgeschieden. Die Zusammensetzung der Gase beträgt ungefähr 66% CO2, 31% Methan und 3% andere Gase (N2, H2, O2).

Piatkowski und Jentsch (2012) konnten für die Methanbildung 43 g Methan/kg verdaulicher Rohfaser ermitteln. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass gerade der ökologische Vorteil des Wiederkäuers, nämlich die Nutzung von Biomasse, welche nicht für den Menschen geeignet ist, aus Sicht der Methanbildung zum Nachteil wird. Da die Verdauungsvorgänge des Wiederkäuers aber an die Verwertung von Zellulose angepasst sind, gibt es in der Rationsgestaltung nur geringen Spielraum, welcher aber ausgereizt werden sollte.

Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass es möglich ist die Methanbildung anhand der Milch (Milchspektren, Milchzusammensetzung) abzuschätzen. Damit ist es möglich, über die Rohmilch bzw. GERO-Daten kontinuierlich die Methanerzeugung darzustellen. Die gebildete Methanmenge je Tier und Tag hängt von der Futteraufnahme und der Rationszusammensetzung ab. Sie kann also durch die Fütterung beeinflusst werden.

Ziel ist es hohe Werte (über 500 g Methan/Tier und Tag) zu vermeiden. Sehr gute Werte liegen bei 400-450 g Methan/Tier und Tag.

 

Abbildung 6-8:

tägliche Werte (Grafik), tägliche Werte (Tabelle), monatliche Entwicklung (Grafik)

  

Die Methanausscheidung ist an die Erzeugung von Lebensmitteln mit Wiederkäuern objektiv gebunden. Von praktischer Bedeutung sind die indirekten Möglichkeiten zur Methanreduzierung, die sich vor allem in optimaler Milchleistung, hoher Lebenseffizienz, langer Nutzungsdauer und hoher Futtereffektivität zeigen. Einzelne Maßnahmen der Rationsgestaltung und des Einsatzes von Futterzusatzstoffen zur Verminderung der Methanemissionen können unter Einhaltung der physiologischen Grenzen erfolgreich angewendet werden. Auf Grund des kontinuierlichen Rückgangs des Milchrindbestandes (ca. 1,2%) sinkt auch die Methanproduktion um etwa 480 t/Jahr im Freistaat Sachsen (siehe Abb. 9). Dies gilt in ähnlicher Weise auch für Deutschland (siehe auch Blogartikel: Möglichkeiten zur Minderung der Methan- und Ammoniakemission bei Wiederkäuern).

Abb. 9: Entwicklung der Bruttomilchleistung (Mio t/Jahr) und der Methanproduktion (kt/Jahr) im Freistaat Sachen

  • Berechnung der Methanproduktion für die Milchrinder in der Prüfung auf Gesundheit und Robustheit (GERO) im Freistaat Sachsen
  • >95% des gesamten Milchrindbestandes im Freistaat Sachsen sind in der Prüfung auf Gesundheit und Robustheit (GERO)
  • die Berechnung der Methanproduktion je kg Milch erfolgt nach Jentsch et al. (2009)
  • die Berechnung der Methanproduktion [kt] pro Jahr im Freistaat Sachsen erfolgt in Abhängigkeit von der Milchleistung (inkl. 60 Tage Trockenstehzeit) und dem Tierbestand

 

Stand: Dezember 2022

 

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