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Der Fütterungsberater

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Pferd

Was bringt das Wässern von Heu beim Pferd?

Bei Pferden mit Atemwegsproblemen kann das Heuwässern einen positiven Effekt zur Staubbindung und somit Linderung der Hustensymptomatik beitragen. Bei Wässern wird Staub gebunden und zu einem gewissen Anteil ausgewaschen. Dabei sind jedoch einige wichtige Punkte zu beachten:

  1. Das Heu sollte eine gute hygienische Qualität aufweisen und keinesfalls mikrobiologisch auffällig sein. Ein auch nur geringer Besatz mit Hefen, Schimmelpilzen und Bakterien wächst durch das beim Wässern erzeugte feuchte Klima rasant an. Daraufhin kann es zu Akzeptanzproblemen und gastrointestinalen Störungen kommen.
  2. Es ist ausreichend, das Heu über einen Zeitraum von 10-15 Minuten vollständig in maximal zimmerwarmes Wasser (15-20°C) einzutauchen. Eine längere Verweildauer im Wasser bei höheren Temperaturen führt zu einem exponentiellen Wachstum von Mikroorganismen und ist deshalb nicht ratsam. Vollständig eingeweichtes Heu erkennt man daran, dass aus dem Wasserbad keine Luftbläschen mehr aufsteigen und somit das Heu komplett durchtränkt wurde.
  3. Die verwendete Wassermenge sollte ausreichen, um Mikroorganismen effektiv auszuwaschen. Das Befeuchten mit einer Gießkanne oder einer Pflanzensprühflasche erweist sich hier als nicht ausreichend, um respiratorische Partikel zu binden, zumal hier häufig das mikroorganismenhaltige „Abtropfwasser“ im Futtertrog zurückbleibt. Beim In-Wasser-Eintauchen bleiben diese Partikel dagegen im Restwasser zurück und gelangen somit nicht in den Organismus.

Bei übergewichtigen Pferden (vor allem EMS-Komplex mit Neigung zur Hufrehe) wird häufig empfohlen, zuckerarme Heuqualitäten zu verfüttern. Da die Heuchargen durch die letzten warmen und trockenen Sommer häufig hohe Zuckergehalte (v.a. Fruktane) aufweisen, ist es schwer, geeignete Raufuttermittel für adipöse Pferde zu finden. Es kann daher ein Lösungsansatz sein, dieses Heu zu wässern, um wasserlösliche Kohlenhydrate (WLKH) auszuspülen. Jedoch werden die Auswaschverluste häufig überschätzt. Es ist anzunehmen, dass beim Wässern von ca. 10 Minuten nur knapp 20% der WLKHs ausgewaschen werden. Stärkere Verluste zeigen sich erst nach mehreren Stunden (Abb. 1). Unterschiede in den postprandialen Blutglukoseabbaukurven konnten bisher bei den verschiedenen Behandlungsverfahren (unbehandelt, gewässert, bedampft) nicht beobachtet werden.

In diesem Zusammenhang ist aber zu beachten, dass auch Mineralstoffe in teils erheblichen Anteilen ausgespült werden. Auch der Verlust von Vitaminen ist nicht auszuschließen. Dies ist bei der Kalkulation eines geeigneten vitaminisierten Mineralfuttermittels zu beachten. Mögliche Proteinverluste werden aktuell diskutiert – die Literaturangaben sind bisher recht uneinheitlich. Im Zweifelsfall und zur genauen Rationskalkulation sollte eine Nährwert- und Mineralstoffanalyse einer gewässerten Heuprobe erfolgen, um auf Basis dessen die detaillierte Ration berechnen zu können.

Abb. 1: Zeitabhängige WLKH-Verluste nach unterschiedlichen Wässerungszeiten, Anteil der verbleibenden WLKHs in Prozent im Vergleich zum Zustand vor Wässerung (Quelle: PLoS One. 2020 Jan 27;15(1): e0227151. doi: 10.1371/journal.pone.0227151. eCollection 2020)

Am einfachsten zu handhaben ist gewässertes Heu, welches in einem Heunetz ins Wasserbad eingetaucht wurde. Nach der Entnahme aus dem Wasserbad sollte das Heu noch kurz abtropfen, da es sonst bei der Verfütterung in der Box durch das Abtropfen zu einer Durchfeuchtung der Einstreu kommen kann.

Vielfach wird beschrieben, dass gewässertes Heu von Pferden nicht gern gefressen wird. Ist die Staubbindung z.B. bei Pferden mit Atemwegserkrankungen jedoch unumgänglich, kann ein Heubedampfer (Haysteamer) zum Einsatz kommen. Dabei werden Temperaturen um die 90-100 °C erreicht, was zu einer wesentlichen Reduzierung der mikrobiellen Belastung führt. Hierbei ist kommerziellen Produkten selbstgebauten Varianten der Vorzug zu geben. Letztere erzielen meist nur Temperaturen von 50-60°C, was zu einem forcierten mikrobiellen Verderb führen kann. Im Gegensatz zur Heubewässerung werden beim Bedampfen kaum Mineralstoffverluste beobachtet, die Verluste an wasserlöslichen Kohlenhydraten betragen max. 20%. Zudem ist das bedampfte Heu länger haltbar, da durch die hohen Temperaturen eine gewisse Hygienisierung stattgefunden hat.

Zu beiden Varianten – dem Heuwässern und -bedampfen – sei auf die eingeschränkte Haltbarkeit des behandelten Heus hingewiesen. Vor allem in den Sommermonaten bei hohen Temperaturen sollte gewässertes Heu so zugeteilt werden, dass die vorgelegte Ration innerhalb einer Stunde gefressen werden kann. Bedampftes Heu scheint aufgrund der höheren Temperaturen länger haltbar zu sein, jedoch empfiehlt sich auch hier, die Heumahlzeit zweimal täglich „frisch anzusetzen“. Vorsicht ist jedoch auch bei Minusgraden geboten – hier gefriert das nasse Heu schnell zu kalten Klumpen und wird vom Pferd dann nicht mehr aufgenommen.

Ist das Wässern aus arbeitstechnischen Gründen nicht möglich, das individuelle Pferd jedoch aufgrund einer Atemwegsproblematik auf eine möglichst staubarme Fütterung angewiesen, kann die Verfütterung von Heulage (im Ausnahmefall auch Grascobs) eine Alternative darstellen. Auch die Staubbindung über die Zugabe von Pflanzenölen oder Melasse ist möglich, sollte aber bei der Kalkulation der Gesamtenergieaufnahme berücksichtigt werden. In diesem Zusammenhang ist aber auch immer die Haltungsumgebung zu betrachten. So sollte auch die Box möglichst staubfrei eingestreut sein (besonders Torfstreu hat sich aufgrund einer Partikelgröße > 10µm nach aktuellen Studien hierbei bewährt), der Reithallenboden nicht stauben und möglichst häufig der Zugang ins Freie ermöglicht werden. Auch die Boxenumgebung muss beachtet werden. So nützt das beste Staubmanagement in der eigenen Box nichts, wenn der Boxennachbar nicht ebenfalls derartige Maßnahmen ergreift.

Bei Fragen zur Fütterung Ihres Pferdes, dem diätetischen Management von erkrankten Tieren oder der Rationsüberprüfung und Futterplanerstellung steht Ihnen das LKS-Labor gerne zur Verfügung: 037206 87140 oder luw@lks-mbh.com.

Stand: August 2021

 

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