Kopfgrafik Blog Fütterungsberater

The Feeding advisor

A blog on feedstuff analytics, animal health, feeding and dietetics.

Blogpost
LKVFeeding advisor
Rind

Spitzwegerich - ein Rinderfutter?

Im Zusammenhang mit den veränderten Witterungsverhältnissen im Ablauf eines Jahres durch den Klimawandel und mit notwendigen Konsequenzen zum Klimaschutz, wird auch intensiv über Anpassungsstrategien im Futterbau diskutiert. Schwerpunkte sind der vermehrte Anbau trockenresistenter Pflanzenarten und -sorten, sowie eine größere Vielfältigkeit im Futterbau. In diesem Rahmen wird auch über Spitzwegerich diskutiert. Der folgende Beitrag soll dazu eine Anregung sein.

Spitzwegerich (Plantago lanceolate) gehört neben dem Breitwegerich (Plantago major) zur Familie der Wegerichgewächse (Plantaginaceae).

Spitzwegerich ist winterhart und mehrjährig. Das krautartige Gewächs wird bis 50 cm hoch. Die lanzettlich geformten Blätter sind in einer Grundrosette angeordnet. Die Nutzung der grünen Pflanze erfolgt von Mai bis Oktober. Spitzwegerich verfügt über eine lange Pfahlwurzel, die somit das Wasser auch in tiefen Schichten erreicht.

Spitzwegerich ist sehr hitzetolerant und wächst auf allen Böden. Er kommt in Wiesen, auf dem Acker, an Weg- und Waldrändern vor.

Spitzwegerich ist volkstümlich unter vielen Namen bekannt, wie Spießkraut, Ackerkraut, Schlangenzunge, Lungenblatt, Schafzunge sowie als Heilwegerich.

Medizinisch nachgewiesene Heilwirkungen waren schon seit der Antike, in der germanischen Mythologie von Tacitus beschrieben und im Mittelalter bekannt. Die Äbtissin Hildegard von Bingen (1098 – 1179) beschreibt ausführlich die heilende und wohlfühlende Wirkung.

In Deutschland wird Spitzwegerich vor allem als Tee oder in Teemischungen, sowie als Extrakt in Hustensäften und Heilkremen verwendet.

Er ist auch in Kräutermischungen für Pferde auf dem Futtermittelmarkt anzutreffen.

Im Zusammenhang mit der Beurteilung des Kräuteranteiles in Weidemischungen wird die Bedeutung von Spitzwegerich für Rinder und Schafe schon längere Zeit diskutiert (Foster, 1988).

Die Hauptwirkungen sind:

  • Antibakteriell, entzündungshemmend (auch als das „pflanzliche Penicilin“ bezeichnet, Extrakte u. ä. schimmeln nicht),
  • entspannende Wirkung (gegen Reizhusten),
  • gegen Schleimhautentzündungen (Mund- und Rachenraum, Atemwege),
  • Beschleunigung der Blutgerinnung,
  • fördert bei der Wundheilung die Epithelisierung,
  • leberschützende Wirkung (z.B. gegen Mykotoxine),
  • Einfluss auf den Stickstoff- und Eiweißstoffwechsel -> nitrifikationshemmend.

Die „Futterwertzahl – Schmackhaftigkeit“ nach Klapp wird für Spitzwegerich mit 6 ausgewiesen (0 = giftig … 8 = sehr gut gefressen, z. B. Weidelgras).

Im „Ökologischen Zeigerwert“ nach Ellenberg (1974) wird als „Feuchtezeiger“ (Vorkommen der Pflanzen hinsichtlich des Gradienten „Bodenfeuchte“, wobei 1 stark trocken, 5 mittelfeuchte Böden, 9 durchnässte, luftarme Böden bedeutet) Spitzwegerich mit 2-5 eingestuft. 

Aus all dem ist abzuleiten, dass Spitzwegerich sowohl bei den Bodenansprüchen als auch bei den Wasserverhältnissen sehr anpassungsfähig ist.

Die Nährstoffzusammensetzung ist in Tabelle 1 dargestellt.

in %GrünfutterBlätterblühendHeu
Trockensubstanz18-2410010087-89
Rohprotein2,2-2,513,920,711,1-17,1
Rohfett0,02,82,22,2
NFE*5,9-6,150,746,126,3-43,5
Rohfaser5,1-9,011,718,415,7-40,1
Rohasche1,4-1,816,012,37,4-9,8

*Stickstofffreie Extraktstoffe (nach Weender Vollanalyse)

Quelle: Stählin, A. Beurteilung der Futtermittel VDLUFA Methodenbuch XII, 1957

 

Es ist bemerkenswert, dass schon vor über 50 Jahren Spitzwegerich nach der Weender Vollanalyse untersucht wurde.

Spitzwegerich enthält große Mengen Kalzium, Natrium und Kalium.

Es wird berichtet (Elite, 2018), dass Spitzwegerich bis 6,8 MJ NEL je kg TS erreichen kann und dass die Nutzungsfrequenz sehr hoch sein muss, da mit dem Schießen der Blütenstände der Futterwert drastisch zurück geht.

Im Spitzwegerich wurden eine Vielzahl sekundärer Pflanzeninhaltsstoffe festgestellt:

Aucubin0,3-2,5%
Catalpol0,3-1,0%
Phenylethanoide3,0-8,0%
Schleimstoffe 2,0-6,0%
Kaffeesäure3,0-8,0%
Gerbstoffe6,0-7,0%
Kieselsäure1,0-1,5% nur in den Blättern
Saponine0,2-1,0%

 

Wichtigster Inhaltsstoff ist das Aucubin, seine antimikrobielle Wirkung wurde am meisten untersucht und er zeigt deutliche Unterschiede im Gehalt bei verschiedenen Herkünften (auch Sorten). Wirkungen von Spitzwegerich auf tierindividuelle Reaktionen werden vorwiegend auf die Wirkung von Aucubin zurückgeführt.

In den USA, Australien und vor allem in Neuseeland wird Spitzwegerich als Rinderfutter eingesetzt. Er ist Bestandteil des Grünlandes mit 10 - 15 %, wird aber auch siliert und in Kombination mit Grassilage gefüttert.

Züchterisch mit dem Ziel als Grünfutterpflanze für Rinder wird er in Neuseeland bearbeitet. Zuchtziel sind Sorten mit hohem Anteil Blattmasse.                                                                                                                  

Mit 30 % Spitzwegerich in der TS der Ration gefütterte Milchkühe hatten eine signifikant niedrigere Stickstoffausscheidung im Harn, die Futteraufnahme war normal, Milchmenge und Milchinhaltsstoffe unverändert. Die Beweidung einer Grasmischung mit Spitzwegerich führte bei Milchkühen zu einer Reduzierung des Stickstoffgehaltes im Harn um 19 %.

In Neuseeland wurden auch Versuche durchgeführt, in denen Weidegras zu 100 % durch Spitzwegerich ersetzt wurde und keine Komplikationen auftraten.

Zur Wirkung von Spitzwegerich in Rationen für Mutterschafe und Milchkühe siehe die folgende Tabelle.

Wirkung der Fütterung von Rationen mit Spitzwegerich an Wiederkäuer (Komainda, M. et al. 2020)

EffektTierartQuelle
gesteigerte FutteraufnahmeMutterschafeRobertson et al. 1995
Anthelministische WirkkungMutterschafeJudson et al. 2019
erhöhte MilchproduktionMutterschafeKenyon et al. 2010
erhöhte TageszunahmenMastlämmerKemp et al. 2013
geringere Stickstoffausscheidung HarnMilchküheTony et al. 2013 und Cheng et al. 2017
geringere ruminale AmmoniakbildungMilchküheNavarrette et al. 2016
verbesserte MilchfettzusammensetzungMilchküheIneichen et al. 2009
verbesserte StickstoffnutzungseffizienzMilchkühePombleton et al. 2016
geringere LachgasemissionenMilchküheSimon et al. 2019
geringere Nitratauswaschung MilchküheJudson et al. 2018

 

Eine wertvolle Literaturstudie „Zum Einsatz von Spitzwegerich in Saatmischungen für Wechselgrünland“ liegt von Komainda, M., Reidy, B., Isselstein, J. und Ineichen, S. vor (Mitt. der Arbeitsgemeinschaft Grünland und Futterbau, Göttingen und Zollikofen, 2020).

Hier wird die Bedeutung des Spitzwegerichs für den Futterbau und die Konsequenzen für Tier – Pflanze – Boden auf der Grundlage von über 30 Literaturquellen diskutiert und kommt zum Schluss: „Spitzwegerich besitzt somit Potential für die Entwicklung klimaschonender Anbausysteme unterschiedlicher Nutzungsrichtungen“.

 

Stand: Juli 2023

 

Download

 

Back

Inhalt Seiteneigenschaft amPageNavType: ""

Inhalt Seiteneigenschaft amPageFreeProperty: ""

Inhalt Seiteneigenschaft amPagesExample: ""