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Rind

Zur Eisenversorgung der Rinder

Eisen gehört zu den essentiellen (lebensnotwendigen) Spurenelementen. Zu den Spurenelementen gehören alle Elemente, die mit weniger als 50 mg/kg Körpermasse vorhanden sind, Eisen macht dabei eine Ausnahme, weil es auch in höheren Anteilen von 50 – 70 mg / kg vorkommen kann.

Eisen nimmt eine zentrale Stelle im Stoffwechsel ein, hat eine enge Beziehung zum Immunsystem und ist damit ein wichtiger Faktor der Stabilität einer Herde.

Der größte Teil des Eisens (60 – 70 %) liegt an Protein gebunden als Hämoglobin vor, der rote Blutfarbstoff, der für den Transport von Sauerstoff und Kohlendioxid im Blut verantwortlich ist. Das blutbildende Knochenmark ist eines der wichtigsten Orte beim Transfer von Eisen.

Eisen kommt in zwei Bindungsformen vor, einmal als Fe2+ (die reduzierte Form) und oxidiert als Fe3+. Man spricht von einem „Redoxpotential“ des Eisens und so wirkt es im Stoffwechsel an vielen Orten wo Oxidationen und Reduktionen notwendig sind. Es ist Bestandteil in Co-Enzymen, z. B. Cytochrome, Katalasen, Peroxidasen und ist an der Synthese von Steroidhormonen, Gallensäuren und am Stickstoffumsatz beteiligt.

Eine wichtige Funktion hat Eisen bei der Elektronenübertragung in der Atmungskette und bei der Energiegewinnung in den Mitochondrien.

Eine weitere wichtige Eisen-Protein-Verbindung ist das Myoglobin (bis 20 % des körpereigenen Eisens), das im Muskel vorkommt und für Speicherung und Transport des Sauerstoffs verantwortlich ist.

20 – 25 % des Eisens im Körper liegt als Depot-Eisen, vorwiegend als Fe3+, vor. Zu dieser Gruppe gehört das Ferritin (in Knochenmark, Leber und Milz), das Lactoferrin in der Milch, das Transferrin im Blutplasma und das Haptoglobin. Das Haptoglobin bindet und transportiert die Produkte, die bei der Hämolyse auftreten. Die Hämolyse ist der natürliche Abbau der roten Blutkörper (Erythrozyten), die einen Lebenszyklus von etwa 100 – 120 Tagen haben.

Der Referenzwert für den Eisengehalt im Blutserum beträgt 1120 -2250 µg/l.

Eisenmangel ist immer mit einer Anämie, d.h. mit einem niedrigen Hämoglobingehalt im Blut (landläufig auch als „Blutarmut“ bezeichnet) verbunden. Häufig werden bei Eisenmangel azidotische Belastungen und Trachykardie (Herzrasen) festgestellt. 

Es besteht eine erhöhte Infektionsgefahr.

Bei Milchkühen kommt primärer Eisenmangel, d.h. die Aufnahme aus der Ration liegt unter dem Bedarf, selten vor. Ursache für Eisenmangelerscheinungen ist meist ein sekundärer Mangel. Überschüsse von Kupfer, Mangan und Selen, aber auch Rohprotein- und Kupfermangel verursachen Störungen der Absorption des Eisens. Des Weiteren können chronische Infekte und Entzündungen, sowie Blutungen aufgrund von Verletzungen Ursache von Eisenmangel sein. Auch ein Rückgang der Futteraufnahme kann zu einem Absinken des Eisengehaltes im Blut führen.

Subklinische Symptome bei sekundärem Eisenmangel sind der Rückgang von Futteraufnahme und Milchleistung, Anstieg der Zellzahl und ausgeprägte Lecksucht mit Zungenspielen. Im fortgeschrittenen Stadium zeigen sich die Schleimhäute blass und grau, die Zunge zeigt einen hyperkeratonischen Belag, d.h. Verhornungen und Verdickungen.

In den meisten Fällen ist bei Auftreten dieser Mangelerscheinungen über die Verabreichung von industriell hergestellten Mineralfuttermischungen als Bestandteil der Mischration die sicherste Prophylaxe zu erreichen. Unter speziellen Bedingungen (z.B. Weidehaltung) können auch Boli nützlich sein.

Der Eisengehalt in Mischrationen für Milchkühe liegt in der überwiegenden Zahl der untersuchten Proben zwischen 300 – 600 mg/kg TS (LKS, 2021). Er liegt damit weit über den Bedarf von 50 mg/kg TS der Ration (Gesellschaft für Ernährungsphysiologie, 2001) und teilweise über der Toleranzgrenze von 500 mg/kg TS (Schenkel und Flachowsky,1998) bzw. dem futtermittelrechtlich zugelassenen Wert von 750 mg/kg  Alleinfutter (88% TS). Eine Hauptquelle sind die Grassilagen (siehe Tabelle 1). Die Schwankungen innerhalb eines Jahres können bei Einzelproben zwischen 100 und 800 mg Fe/kg TS liegen. Der Gehalt ist abhängig vom Standort, von Verunreinigungen mit Erde und kann auch technologisch beeinflusst werden. So fand Steinhöfel (2016) im Gras höhere Eisengehalte nach Abschluss des Ernteverfahrens als im Bestand vor der Ernte. Es gibt Hinweise (Hansen und Spears. 2009), dass durch Anwesenheit von Säuren im Silierprozess das unlösliche Fe3+ in die lösliche Form Fe2+ übergeht und somit durch die bessere Verfügbarkeit höhere Eisenmengen in das Tier und in die damit erzeugten Lebensmittel gelangen (Spolders, Schaft, Steinhöfel, Fröhlich und Zentek, 2017).

Tab 1: Eisengehalt (mg/kg TS) in Silagen

JahrMaissilageGrassilage 1. Schnitt
2017106478
201886371
201988404
202097505
202184546

Quelle: Richardt W., LKS mbH, 2022

Bei der Beurteilung der Eisenversorgung ist unbedingt auch die Menge aus dem Tränkwasser zu berücksichtigen. Der zulässige Höchstwert beträgt 3 mg Fe/Liter Tränkwasser. Bei Überschreitung dieses Grenzwertes tritt eine drastische Senkung der Futteraufnahme ein. Überschuss an Eisen, Mangan und Schwefel sind die häufigsten Faktoren aus dem Tränkwasser, die zur Senkung der Futteraufnahme mit ihren Folgen führen (siehe auch dlz – agrarheute Rind 2022, 02, 42 – 45).

Die Absorption des Eisens erfolgt durch die Pansenwand und im Dünndarm und wird durch ein saures Mileu gefördert. Die Absorption nimmt mit fortschreitendem Alter ab. Hemmend auf die Absorption (Antagonisten) wirken Überschüsse an Zink, Kobalt, Kupfer, Mangan, Cadmium, sowie überhöhte Gehalte an Kalzium, Phosphor, Magnesium, Oxalate und Tannine. Fe2+ wird schneller absorbiert als Fe3+.

Für Eisen gibt es einen „Darmschleimhautblock“, der regelt, dass das aus der Ration nicht benötigte Eisen weitgehend im Kot zur Ausscheidung kommt. Weitere Ausscheidungswege sind Haare, Haut (Abschilferungen) und Schweiß. Aufgrund der Bindung an Proteine ist eine renale Ausscheidung, d.h. über den Harn, ausgeschlossen.

Von primärem Eisenmangel sind besonders die Tränkkälber betroffen. Sie zeigen Appetitlosigkeit, Tränkunlust, Wachstumsschwäche und Lecksucht, sowie größere Anfälligkeit gegenüber Infektionskrankheiten, man erkennt sie an blassen Schleimhäuten und trägem Verhalten.

Während der Trächtigkeit der Kuh ist der Übergang von Eisen auf den Fötus und in die Kolostralmilch (Transferine, Lactoferrin) sehr gering, so dass die geborenen Kälber einen geringen Eisenvorrat aufweisen. Der Gehalt in der Milch beträgt im Mittel 0,5 mg/Liter. Im Ergänzungsfutter ist der Eisengehalt i. d. R. ebenfalls niedrig.

Der Bedarf für ein Kalb in der Tränkperiode wird mit 100 mg Fe je Tier und Tag angegeben. Der Eisengehalt im Blut soll über 20 µmol/Liter betragen, der Gehalt an Hämoglobin über 6 mmol/Liter. 

Nach einer Vielzahl von Berichten und praktischen Erfahrungen werden diese Werte oft nicht erreicht und mehr als 2/3 der Tiere eines Bestandes haben im allgemeinen Eisen- und dadurch Blutarmut. Der Eisenmangel der Tränkkälber wird neben infektiösen Durchfallerkrankungen und Pneumonien als wichtige Ursache für Kälberverluste angesehen. Darüber hinaus beeinträchtigt der Eisenmangel in der Tränkperiode die Leistungsbereitschaft in den folgenden Produktionsabschnitten. Das gilt für Milchvieh- und Mastbetriebe und auch für Mutterkuhhaltungen.

Aufgrund des spezifischen Verhaltens von Eisen, das in der Aufnahme und im Verbrauch nur durch die Absorption gesteuert wird, gibt es keine Beziehung des Gehaltes in der Ration zum Gehalt in der Milch. Damit ist es nicht möglich, die Eisenversorgung des Kalbes über die Versorgung des Muttertieres zu beeinflussen. Das gilt auch für die fötale Entwicklung des Kalbes.

Ein Eisendefizit kann nur über die direkte Aufnahme durch das Kalb beseitigt werden.

Von Freitag et al. (2021) wurde in 8 Betrieben die Wirkung einer parenteralen Eisengabe (unter Umgehung des Verdauungsweges, d. h. mittels einer intramuskulären Injektion) untersucht (siehe Tabelle 2). Durch die Injektion am 2. Tag nach der Geburt konnten bis zum 28. Lebenstag bessere Tageszunahmen, sowie eine reduzierte Erkrankungsrate und eine Verringerung der Verendungen festgestellt werden. Daraus wird die Schlussfolgerung gezogen, dass eine zusätzliche Eisengabe nach der Geburt für alle Betriebe als prophylaktische Maßnahme zu empfehlen ist.

Tab. 2: Wirkung einer Eisen-Injektion bei Kälber

  ohne Eisenmit Eisen*
 erkrankt insgesamt80%37%
 verendet22%9%
Zunahmen/Tier und Tagbis 14. Tag p.p.618g794g
14-28. Tag p.p.842g900g

* Injektion mit 800 mg Fe(III)-hydroxid-Dexytran-Komplex

Mittel aus 8 Betrtieben

Quelle: M. Freitag, G. Kesting, A. Drolshagen, 25. Kolloquium zur Fütterung, LKV Sachsen 2021

Versuchsergebnisse in der Versuchsanstalt Neumühle (siehe Tabelle 3) ergaben, dass sich zwischen einer Ergänzung mit der „Spritze“ und einer oralen Gabe über die Kolostralmilch kein Unterschied ergibt. Die Dosis betrug 1000 mg/Tier in Form von Eisendextran, das als Paste in die Biestmilch gegeben wurde.

Tab. 3: Wirkung einer Eisenergänzung bei Tränkkälbern (dargestellt wird der Anteil an Kälbern, die ausreichend mit Eisen versorgt wurden)

 ohne Ergänzungorale GabeInjektion
4. Lebenstag23%77%63%
14. Lebenstag23%92%82%

Quelle: A. Höller, W.Klawonn, K. Sandfried, 2011

Gute Milchaustauscher haben einen Eisengehalt deklariert, in dem z.B. 100 mg Eisen in organisch gebundener Form (z.B. als Glycin-Chelat) enthalten sind.

Eine weitere Möglichkeit ist die Anwendung von „Vollmilchaufwerter“, in denen ebenfalls der Eisengehalt besondere Beachtung finden und deklariert sein muss. Auch die Verwendung von „Kälberboostern“, die einen entsprechend deklarierten Eisengehalt haben und oft mit Selen kombiniert werden ist möglich.

Die Stellung des Eisens im Stoffwechsel und der Stand unserer Kälberaufzuchtverfahren machen deutlich, dass der Eisenversorgung der Kälber große Aufmerksamkeit geschenkt werden muss und die Kenntnisse zum Eisenstoffwechsel erweitert werden müssen. Was bei der Ferkelaufzucht schon lange durchgängige Praxis ist, wird sich bei den Kälbern in der Vielzahl der Betriebe ebenso als notwendig erweisen. 

Es muss an dieser Stelle bemerkt werden, dass es auch kritische Stimmen zur Verabreichung hoher Eisengaben an Kälber in den ersten Lebenstagen gibt. Für bestimmte Bakterienspezies können erhöhte Eisenkonzentrationen die Virulenz erhöhen und es kann zu Durchfällen kommen.

In der überwiegenden Zahl der durch die Firmen angebotenen Präparate, auch für die intramuskuläre oder subcutane Injektion, ist die Grundsubstanz „Fe(III)hxdroxid Dextran-Komplex“. Dextrane sind lange Glukoseketten (Polysaccharide), die als wasserlösliche Trägersubstanz dienen. Die Injektionen erfolgen mit 10 – 30 mg Fe3+ je kg Körpermasse. Im Allgemeinen wird die mögliche Höchstmenge je Injektion angegeben und die Eisen-Injektion bei Tieren mit Durchfall verboten.

Es ist notwendig, alle Erkenntnisse und Erfahrungen zu sammeln und die Anwendung prophylaktischer Eisengaben an Tränkkälber mit entsprechenden Werten am Tier und in den Futtermitteln zu quantifizieren. Auch hier darf nicht der Satz gelten: Viel hilft viel!

Stand: August 2022

 

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