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Der Fütterungsberater

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Fütterungsassoziierte DCM beim Hund – Was ist dran?

In letzter Zeit wurde vermehrt publiziert („FDA Investigation into Potential Link between Certain Diets and Canine Dilated Cardiomyopathy“), dass Hundefutter, was getreidefrei ist und daher als alternative Stärkequellen Erbsen, Bohnen und andere Hülsenfrüchte beinhaltet, die Herzerkrankung DCM (= Dilatative Kardiomyopathie) hervorrufen kann.

Bei einer DCM erweitert sich der Herzmuskel, was dazu führt, dass es immer schwieriger wird, das sauerstoffangereicherte Blut auf der linken Herzkammer in den Organismus zu pumpen (verminderte Auswurfleistung). Betroffene Hunde werden leistungsintolerant, zeigen Husten durch die Ansammlung von Wasser in der Lunge und verhalten sich mit zunehmendem Schweregrad lethargisch.

In aller Regel liegt einer DCM eine genetische Komponente zugrunde – allen voran beim Dobermann, aber auch Deutsche Doggen oder Irish Wolfshounds sind überdurchschnittlich häufig betroffen. Zwischen 2014 und 2019 wurden der amerikanischen Lebensmittelüberwachungs- und Arzneimittelbehörde FDA plötzlich überdurchschnittlich viele Fälle bei sonst nicht von DCM betroffenen Rassen wie z.B. Labrador oder Golden Retriever gemeldet. Von den insgesamt 560 betrachteten Fällen erhielten 452 Tiere ausschließlich Trockenfutter, 24 Tiere eine Mischung unterschiedlicher Fütterungsvarianten und 9 Hunde wurden gebarft. Bei der detaillierten Fütterungsanamnese fiel auf, dass über 90% der mit Trockenfutter ernährten Hunde ein „getreidefreies“ Trockenfutter erhielten, welches anstelle dessen Bohnen und Linsen als Stärketräger enthielt. 42% dieser Futtermittel beinhalteten zudem Kartoffeln und/oder Süßkartoffeln.

Ein Fütterungseinfluss auf die Entstehung einer DCM wurde bisher nur in Zusammenhang mit der Aminosäure Taurin belegt. Hier ist bekannt, dass Taurin für Katzen essentiell ist,sie diese Aminosäure also nicht selber synthetisieren können. Ein Mangel zeigt sich u.a. in einer DCM. Taurin ist ausschließlich in tierischen Produkten enthalten und ist hitzelabil. Es wird daher bei der Produktion von kommerziellem Katzenfutter abhängig vom Grad der Erhitzung dem Futter zugesetzt. Hunde hingegen können Taurin aus den beiden Aminosäuren Methionin und Cystein selbst synthetisieren und sind daher nicht auf eine exogene Zufuhr angewiesen, weswegen Taurin normalerweise nicht supplementiert wird (weder in Fertigfuttermitteln noch in selbst zubereiteten Rationen). Mittlerweile ist aber bekannt, dass bei einigen Hunderassen (z.B. Neufundländer) die Eigensynthesekapazität möglicherweise nicht ausreichend ist und sie daher zur Ausbildung einer taurinmangel-induzierten DCM neigen.

Ein erster Ansatz der FDA war, den Gehalt an Methionin und Cystein in den untersuchten Futtermitteln zu bestimmen. Die Ergebnisse waren jedoch unauffällig – die Futter enthielten ausreichende Mengen, um die körpereigene Synthese zu gewähren. Daher wurde ein direkter Einfluss der Hülsenfrüchte auf den Taurinmetabolismus untersucht. Ein möglicher Ansatzpunkt sind hier die enthaltenen Lektine. Dies sind pflanzliche Proteine und Glykoproteine, die der Pflanze als Abwehrstoffe dienen und für den Fleischfresser unverdaulich sind. Sie sind in der Regel hitzelabil (werden bei Kochvorgang inaktiviert) und kommen neben Hülsenfrüchte auch in verschiedenen Gemüsesorten, Kartoffeln und manchen Getreidesorten vor. Die Theorie war daher, dass diese Lektine die Darmschleimhaut angreifen und das Darmmikrobiom negativ beeinflussen, so dass die Aufnahme von Methionin und Cystein und somit letztendlich die Taurinsynthese eingeschränkt sind. Dieser Ansatz wäre bei einer Rohfütterung von Leguminosen haltbar, jedoch werden Fertigfuttermittel in aller Regel ausreichend erhitzt. Problematisch könnte dieser Aspekt lediglich bei den sogenannten „kaltgepressten“ Futtermitteln werden. Diese enthalten aber meist nur geringen Mengen oder gar keine Leguminosen.

Ein weiterer Diskussionspunkt wäre der meist niedrigere Fleischanteil in leguminosenhaltigen Trockenfuttern. Da Erbsen und Bohnen im Vergleich zu Getreide erhöhte Proteingehalte aufweisen, kann der Fleischanteil gesenkt werden, um den erwünschten Gesamtproteingehalt zu erreichen (dies geht jedoch zulasten der biologischen Wertigkeit des Proteins). Damit würde sich der Anteil an Taurin wie auch an Meth und Cys verringern, was einen Mangel begründen könnte. Für eine detaillierte Abklärung dieser Theorie bedürfte es einer eingehenden Kalkulation der beinhalteten Aminosäure und eine Gegenüberstellung zum Bedarf des Hundes. Auch eine mögliche Kontamination mit Pestiziden auf den Leguminosen wurde in den Raum gestellt, bislang aber nicht weiter diskutiert.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass wahrscheinlich nicht der Aspekt der „Getreidefreiheit“ für die diätetisch bedingte DCM relevant ist, sondern vielmehr die stattdessen in hohen Anteilen eingesetzten Hülsenfrüchte, die in den Taurinmetabolismus eingreifen. Der genaue Wirkungsmechanimus dahinter ist bislang unklar.

Trotz vieler ungeklärter Punkte ist es ratsam, Hunde einer DCM-prädisponierten Rasse oder Hunde, die bereits eine sonografisch abgeklärte DCM zeigen, nicht mit einem stark leguminosenhaltigen Futter zu versorgen.

Stand: Oktober 2022

 

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