Gesundheitsgefährdung der Rinder durch frische Grassilagen
Jedes Jahr gibt es in der Zeit der Grassilagebereitung Anlass, vor der Verfütterung von Silage, welche nur wenige Tage gelagert wurden zu warnen.
Bei Verfütterung von Silagen, welche nur wenige Tage (<14 Tage) gelagert wurden, kommt es immer wieder zu Verdauungsstörungen, Senkung der Futteraufnahme, sowie zu verschiedenen Folgen von Pansenfermentationsstörungen. Damit verbunden ist immer ein kurzfristiger Anstieg der somatischen Zellen (Zellzahl) in der Milch und ggf. ein Rückgang der Milchleistung. Die Verdauungsstörungen kann bei allen Nutzungsrichtungen und Altersgruppen der Rinder auftreten.
Mit dem Schließen des Silos beginnt die aerobe Phase, in der der Restsauerstoff veratmet wird. An diese schließt sich die zweite Phase, die anaerobe Phase an. Es kommt zu einem massiven Absterben der aeroben und zu einer Vermehrung der anaeroben Mikroorganismen. In der frühen Phase werden vor allem Essigsäure und CO2 gebildet. In der späteren Phase wird dann Milchsäure gebildet, infolgedessen der pH-Wert stark abfällt. Bei einem sehr guten Gärverlauf (unterstützt zum Beispiel durch den Einsatz von Milchsäurebakterien) ist der pH-Wert schon nach einer bis maximal zwei Wochen in einem stabilen Bereich, der dafür sorgt, dass das Wachstum von Clostridien unterdrückt wird.
Der niedrige pH-Wert wird häufig als Begründung verwendet, dass das Silo bereits wieder geöffnet und die Silage verfüttert werden kann. Dies vernachlässigt jedoch die Tatsache, dass der Gärprozess noch lange nicht abgeschlossen ist. Die Veränderungen in der Silage dauern mehrere Monate und beziehen sich auf:
- 1. Umbau der Nährstoffe
- 2. Umbau der Keimflora
Aus diesem Grunde sollte Silage mindestens 6 - 8 Wochen gelagert werden!
Der Umbau der Nährstoffe bezieht sich z. B. neben der Herausbildung eines stabilen Gärsäuremuster (Essigsäure-Milchsäureverhältnis, keine Buttersäure) auf den Anstieg der Proteinlöslichkeit (Proteolyse) und dem Abfall des Zuckergehaltes.
Der Umbau der Keimflora bezieht sich neben dem Absterben der luftliebenden (aeroben) Keime und der Vermehrung der Milchsäurebakterien auch auf die Entwicklung der Hefen. Hefen können sowohl unter aeroben als auch anaeroben Verhältnissen leben. Gerade die erste Phase der Silierung birgt ein hohes Potenzial, dass sich Hefen massiv vermehren. Folgende Gründe gibt es für einen massiven Anstieg an Hefen:
- 1. hoher Besatz des Frischgutes mit Hefen (Risiko ist nicht vorhersagbar)
- 2. längere Feldliegezeiten (>2 Tage)
- 3. hohe Zuckergehalte
- 4. mangelnde Verdichtung (Siliergut zu trocken, Häcksellänge zu lang, ungenügendes Festfahren)
- 5. zu spätes Verschließen des Silostocks (Wenn zum Beispiel nicht jeden Abend abgedeckt wird!)
- 6. Ungenügende Abdeckung des Silostock (weiterhin Eintritt von Sauerstoff)
Da Hefen auch unter anaeroben Bedingungen leben können, ist eine lange Lagerzeit oder der Einsatz geeigneter Siliermittel notwendig, um den Besatz auf einen unkritischen Wert (< 200.000 KBE/g) zu reduzieren.
Folgende allgemeine Orientierungswerte gelten für die mikrobiologische Tauglichkeit der Grassilage: verderbanzeigende Schimmelpilze (KG5) <5.000 KbE/g sowie Hefen <200.000 KbE/g. Bei einer mikrobiologischen Untersuchung im Labor erfolgt eine genauere Differenzierung nach Futtermittelart und Keimart (7 Keimgruppen).
Der Grund für ein zeitiges Öffnen des Silos und der Verfütterung der Silage ist in der Regel der Mangel an Grobfutter. Hier sollten alle Möglichkeiten genutzt werden um ein zeitiges Öffnen zu vermeiden:
- 1. kontinuierliche Futterbedarfsplanung
- 2. rechtzeitige Umstellung der Ration und Reduzierung der Grobfutterart, welche im Mangel ist
- 3. Einsatz von alternativen Grobfuttermitteln (Stroh, Heu, Trockengrün)
- 4. Planung des Zukaufs von Grobfuttermitteln
Sollte aus finanziellen oder organisatorischen Gründen (zum Beispiel Nichtverfügbarkeit geeigneter Grobfuttermittel) ein frühes Öffnen des Silostock notwendig sein, muss ein geeignetes und daraufhin DLG geprüftes Siliermittel eingesetzt werden. Dies können Säuren oder Milchsäurebakterien sein. Trotzdem bleibt ein Restrisiko bestehen und es sollten alle Maßnahmen in Betracht gezogen werden die ein frühes Öffnen des Silos vermeiden können.
Stand: Mai 2024