Heu- und Grasbauch beim Pferd
Nach der Aufnahme größerer Mengen Raufutter zeigen viele Pferde einen stark vergrößerten Bauchumfang. Doch was steckt dahinter? Ist solch ein Heu- oder Grasbauch vielleicht sogar gesundheitlich bedenklich? Und wie kann man eine Aufgasungskolik davon unterscheiden?
Gras-/ Weidebauch: Vor allem im Frühjahr ist der Grünaufwuchs auf der Weide wenig verholzt. Damit geht eine hohe Wasserbindungskapazität dieser Gräser einher. Das aufgenommene Futter weist also einen hohen Wasseranteil auf, welcher dann im Darminhalt gebunden ist. Dies trifft auch auf früh geschnittene Heulagen zu. Durch den hohen Wasseranteil in der Ingesta ist der Darm prall gefüllt, was sich in einem umfangsvermehrten Abdomen zeigt.
Heubauch: Anders verhält es sich nach der Aufnahme von Heu oder Stroh. Dieses Futter ist zumeist stärker verholzt und besitzt nur eine geringe Wasserbindungsfähigkeit. Der dicke Bauch entsteht dann durch den hohen Anteil unverdaulicher faseriger Anteile im Darm, welche ein nicht unerhebliches Volumen darstellen. Vergrößert wird diese zuätzlich durch ungebundenes Wasser, welches als Tränke nach der „trockenen“ Grundmahlzeit aufgenommen wurde.
Von diesen beiden Phänomenen ist natürlich ein umfangsvermehrter Bauch infolge einer Aufgasungs- oder Verstopfungskolik abzugrenzen. Hierbei zeigen betroffene Tiere zusätzlich eine deutliche Schmerzsymptomatik, so dass schnelles tierärztliches Handeln gefragt ist.
Die mildere Form der Aufgasungskolik ist ein Blähbauch. Dieser entsteht durch Gasbildung v.a. im Blinddarm infolge bakterieller Fehlfermentation – wenn z.B. zu hohe Mengen Stärke oder schlecht verdauliches Protein aufgenommen wurden, die im Dünndarm nicht abgebaut werden konnten. Aber auch mikrobiologisch nicht einwandfreies Futter kann zu solch einer Aufgasung führen – hier ist eine Hefenbelastung an erster Stelle zu nennen. Zusätzlich kann hier Durchfall auftreten. Eine Aufgasung des Blinddarms kann von außen auf Höhe der rechten Flanke sichtbar sein.
In diesem Fall ist die mikrobiologische Überprüfung der Raufutterqualität oder eine Rationsüberprüfung dringend anzuraten.
Eine weitere Differentialdiagnose ist schlicht und ergreifend Übergewicht. Während beim Gras- oder Heubauch aber nur der Bauchumfang vergrößert ist, weisen adipöse Pferde zudem deutliche Fetteinlagerung v.a. im Bereich der Kruppe und des Nackens auf. Die Rippen sind nicht sichtbar und nur schwer oder gar nicht tastbar.
Unabhängig von seinem „natürlichen“ Ursprung bringt ein Heu- oder Grasbauch ein nicht zu unterschätzendes Gewicht mit sich. Das wirkt sich zum einen auf die körperliche Leistungsfähigkeit aus. Daher sollte zwischen der Aufnahme größerer Raufuttermengen und körperlicher Belastung immer eine größere Pause liegen. Zum anderen belastet das zusätzliche Gewicht v.a. bei orthopädisch vorgeschädigten Pferden die Gelenke.
Was kann man daher vorbeugend tun? An erster Stelle sollte die Aufnahme großer Mengen Raufutter in kurzer Zeit begrenzt werden. Bei Weidehaltung kann hier eine Fressbremse zum Einsatz kommen, bei Zuteilung von Heu im Stall oder auf dem Paddock sollte dieses rationiert oder kann in einem kleinmaschigen Heunetz angeboten werden (bei letzterem bitte auch immer die Gruppenstruktur beachten!). Langfristig ist es zudem hilfreich, die Bauchmuskulatur des Pferdes zu stärken, was eine starke Ausdehnung des futtergefüllten Bauches ausgleichen kann.
Stand: September 2023