Mikrobiologische Kotanalyse beim Pferd – Nutzen oder Unsinn?
Immer häufiger wird unter Pferdehaltern eine mikrobiologische Untersuchung von Pferdekot diskutiert, um daraus Rückschlüsse auf die Zusammensetzung des Darmmikrobioms des betreffenden Pferdes ziehen zu können. Anhand des Ergebnisses sollen die im Dickdarm vorhandenen Bakterienstämme qualitativ ermittelt und quantifiziert werden, um Aussagen zur Darmgesundheit treffen zu können und ggf. fütterungstechnisch zu unterstützen.
Das Darmmikrobiom erfüllt eine Vielzahl wichtiger Aufgaben. Die bedeutendste ist wohl die Ausbildung einer Schutzbarriere. Dieser Funktion kommt es gemeinsam mit dem darmassoziierten Immunsystem, den sekretorischen Immunglobulinen A und den anatomischen Strukturen des Darms nach. Einerseits sollen hier Nähstoffe durch die Darmzellen resorbiert werden, andererseits dürfen Pathogene die Darmwand nicht passieren. Zusammen mit der Darmschleimhaut und den Tight junctions bildet das Darmmikrobiom also eine mechanische Barriere. Das Immunsystem sorgt darüber hinaus dafür, dass einerseits gegenüber kommensalen Mikroorganismen eine Toleranz besteht, andererseits aber pathogene Faktoren mit einer immunologischen Antwort bekämpft werden.
Grundsätzlich muss hier zwischen einer Darmfloranalyse und einer Mikrobiomanalyse unterschieden werden. Bei der Darmfloraanalyse werden die kultivierbaren Mikroorganismen angezüchtet. Hier werden jedoch nur aerob wachsende Bakterien erfasst – die meisten Mikroben im Dickdarm wachsen jedoch anaerob. Erfasst werden um die 20 verschiedene Spezies, darunter teilweise umstrittene Zeigerorganismen. Bei der Mikrobiomanalyse hingegen wird das genomische Material aus dem Kot analysiert. Es werden hunderte bis tausende Spezies erfasst und die Interpretation der gesamten Artenvielfalt ist möglich.
Eines der größten Probleme der Darmfloraanalyse stellen die Probennahme und der Transport dar. Schon während der Liegezeit des Kots und dem Transport ins Labor sterben die allermeisten der anaeroben Darmbakterien ab. Die Bakterienstämme, die dann im Labor noch vermehrungsfähig sind, müssen zudem kultivierbar sein und identifizierbare Kolonien bilden. Schätzungsweise zwischen 60-90 % der Mikroorganismenaus der Dickdarmflora sind zu diesem Zeitpunkt im Labor nicht mehr kultivierbar. Nur die Analyse des Mikrobioms, also die genetische Sequenzierung des gesamten Darmmikrobioms, lässt daher überhaupt eine Aussage über die Diversität des Darmmikrobioms zu.
Aber selbst bei einer Mikrobiomanalyse stellt die Interpretation ein weiteres Problem dar. Es gibt aktuell wenig wissenschaftlich fundierte Daten über das „ideale“ Mikrobiom des Pferdes, welches Bakterienstämme in welchen Mengen vorliegen sollen und welche klinischen Folgen eine Abweichung evtl. haben könnte. Eine Ausnahme stellt der Nachweis pathogener Erreger dar. Hierzu zählen z.B. Clostridien. Diese müssen jedoch näher spezifiziert werden (Cl. difficile, Cl. perfringens, Cl. botulinum etc.), um eine Pathogenität beurteilen zu können.
Betrachtet man verschiedene Studien, ist Firmicutes das dominanteste Phylum im Darmmikrobiom des Pferdes. An zweiter Stelle werden Bacteroidetes oder Verrucomicrobia genannt. Es ist jedoch anzumerken, dass die meisten Studien auf rektal entnommenen Kotproben basieren.
Doch was kann man tun, wenn eine Dysbiose (= qualitative oder quantitative mikrobielle Fehlbesiedlung des Darms) vermutet wird? Klinische Anzeichen dafür können z.B. rezidivierende Durchfallepisoden oder Blähungen (bis hin zu Koliken) sein.
Die Stabilisierung der Darmflora gelingt in erster Linie über eine equidengerechte Fütterung. Ein hoher Rohfaseranteil in Kombination mit präbiotisch wirksamen Substanzen (pektin- oder inulinreiche Futtermittel, Ergänzungen mit FOS oder MOS) ist die effektivste Maßnahme, um die Darmgesundheit zu stabilisieren und zu unterstützen.
In zahlreichen Studien konnte gezeigt werden, dass sich das Darmmikrobiom in Abhängigkeit der Fütterung stark unterscheidet. So werden im Colon bei einer kraftfutterbetonten Ration nur etwa 10-50 x 109 KbE/ g Ingesta (mit pH 6,0) nachgewiesen, während bei Fütterung von Raufutter und überständigem Gras 360-600 x 109 KbE/ g Ingesta (mit pH 6,6) gemessen wurden.
Der Einsatz von Probiotika, als Bakterien, die die Darmflora stabilisieren sollen, ist hingegen kritisch zu sehen. Zum einen ist aktuell nicht bekannt, wie das „ideale“ Darmmikrobiom aussieht. Zum anderen kommen oral zugeführte Bakterienstämme in der Regel nicht bis in den Dickdarm. Intensiv geforscht wird derzeit an der Methode der Kottransplantation. Hier wird über eine Nasenschlundsonde einem erkrankten Tier eine Kotsuspension eines gesunden Pferdes verabreicht. Die Ergebnisse aus unlängst durchgeführten Studien dazu sind vielversprechend.
Stand: Juli 2025


