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Der Fütterungsberater

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Rind

Niacin in der Rinderfütterung

Niacin (Vitamin B3) gehört zu den wasserlöslichen Vitaminen. Es tritt in zwei Formen auf. Als Nicotinsäure kommt es in den Pflanzen, Algen und manchen Bakterien vor, zu Nicotinsäureamid wird es im Stoffwechsel der Tiere umgewandelt. Beide Formen haben die gleiche biologische Wirksamkeit.

Beim Wiederkäuer werden die wasserlöslichen Vitamine im funktionierenden Pansen in der Regel durch Mikroorganismen synthetisiert, werden dann resorbiert und im Intermediärstoffwechsel wirksam.

Wie die meisten wasserlöslichen Vitamine wirkt auch Niacin vorrangig als Coenzym (an ein Enzym gebundene reaktionsfähige Verbindung) und ist mit allen Stoffwechselprozessen verbunden (Energieumsatz, Eiweiß-, Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel). Es hat Einfluss auf das Nervensystem und auf die Immunität.

Niacin kann nicht im Tierkörper gespeichert werden, deshalb ist eine kontinuierliche Verfügbarkeit notwendig. Beim Wiederkäuer mit funktionstüchtigem Pansen wird eine kontinuierliche Versorgung dadurch gefördert, dass es durch die Mikroflora, d.h., durch Bakterien gebildet wird. Beim Niacin ist eine Besonderheit beachtenswert. Im Stoffwechsel kann aus der essentiellen Aminosäure Tryptophan Nicotinsäureamid gebildet werden (aus 50 – 60 mg Tryptophan 1 mg Niacin), das ebenfalls zur Versorgung beiträgt.

Alle Erfahrungen und zahlreiche Untersuchungen zeigen, dass für die Grundversorgung der Milchkühe, auch mit hohen Leistungen, die in der Ration enthaltenen Niacinmengen, das aus der mikrobiellen Synthese stammende Niacin sowie das endogen aus Tryptophan gebildete Niacin den Bedarf weitgehend decken (GfE, 2023).

In jedem Fall muss der wissenschaftliche Erkenntnisstand genau verfolgt werden, inwiefern Niacin bei steigenden Leistungen ins Minimum geraten oder weiterhin spezifische Wirkungen entdeckt werden, die praktisch relevant sind.

Es soll hier noch einmal betont werden, dass in Rationen für Rinder, bei denen der Pansen noch nicht voll funktionsfähig ist (besonders Kälber, aber auch junge Mastbullen u.a.) eine Ergänzung mit Niacin lebensnotwendig ist.

Eine Schlüsselrolle hat Niacin beim Energieumsatz des Körpers. Niacin gehört chemisch zu den Pyridinderivaten. Im Stoffwechsel bildet die aktive Form, das Nikotinsäureamid die Co-Enzyme NAD (Niciotinamid-Adenin-Dinucleotid) und das NADP (Niciotinamid-Adenin-Dinucleotidphosphat). Sie bilden ein Redoxsystem zur Übertragung von Elektronen im Stoffwechsel. Damit nimmt Niacin eine bedeutende Rolle bei folgenden Prozessen ein: der Glykolyse (Abbau der Kohlenhydrate), dem Zitratzyklus (Kreislauf von Reaktionen in denen der Abbau organischer Stoffe zur Energiegewinnung stattfindet), in der Atmungskette (stufenweise Übertragung von Elektronen der Nährstoffe in der Zelle auf Sauerstoff und schließlich Acetyl-CoA zu CO2 oxidiert wird), bei der Fettoxidation und im Aminosäurestoffwechsel.

Es hat sich erwiesen, dass Niacin in Mengen von 6 bis 12 g/Tier und Tag bei Kühen die Plasma-Konzentration von Freien Fettsäuren und von ß-Hydroxybuttersäure senkt und den Plasmaspiegel von Glukose erhöht, d.h., das Ketoserisiko vermindert. Bei 12 g Niacin je Tier und Tag  tritt eine Steigerung der Milch-, Fett- und Eiweißleistung ein.

Vorrangig wird Niacin als Bestandteil von Kombinationspräparaten für die Ketoseprophylaxe eingesetzt.

Die wichtigsten Wirkungen lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:

  • Hemmung des Körperfettabbaus (Lipolysehemmer)
  • senkt die Mobilisation von Ketonkörpern
  • fördert die Glukoneogenese (d.h. die Bildung von Glukose im Stoffwechsel)
  • fördert den Energieumsatz und die bakterielle Proteinsynthese im Pansen.

Ein Zusatz von Niacin beeinflusst den Fettabbau (Lipolyse) und die Durchblutung der Organe, bewirkt eine Erweiterung der Blutgefäße (Vasodilatation) und vermindert den Hitzestress (NRC, 2021). Ferner haben Untersuchungen gezeigt, dass es einen Zusammenhang zwischen der Supplementierung mit pansengeschützten Niacin, der Vaginaltemperatur bei Milchkühen und dem Hitzestress gibt. Niacin senkt bei Hitzestress die Vaginaltemperatur deutlich (siehe Abbildung „Einfluss von pansengeschütztem Niacin auf die Vaginal – Temperatur bei laktierenden Milchkühen bei akutem Hitzestress“). Niacin leistet damit einen Beitrag zur Minderung der bei Hitzestress auftretenden Fruchtbarkeitsstörungen. Zum anderen gibt es in Israel ein System, bei dem über die kontinuierliche Messung der Vaginaltemperatur von Referenztieren in der Herde die technischen Maßnahmen zur Verminderung der Auswirkungen hoher Außentemperaturen (Belüftung, Sonnenschutz, Vernebelung u.a.) gesteuert werden.

Bei Niacinmangel können folgende Erscheinungen festgestellt werden:

  • Ungenügende Widerstandskraft bei oxidativem Stress (Haltungs- und Fütterungsfehler) und bei bakteriellen oder viralen Belastungen,
  • verringertes Wachstum,
  • erhöhte Entzündungs- und Geschwulstbildungen an den Schleimhäuten
  • Hautveränderungen (besonders bei Schweinen und bei der Befiederung des Geflügels),
  • Störungen im Nervensystem.

In Pflanzen ist Niacin in Form von Nicotinsäure enthalten. Besonders arm an Niacin sind Milch und -produkte, Mais, Roggen, Weizen und Hefen.

Mais hat einen sehr niedrigen Niacingehalt und bekanntermaßen auch einen sehr niedrigen Tryptophangehalt. Deshalb ist bei allen auf Maisfütterung ausgerichteten Fütterungsregimen (bei allen Tierarten) dem Niacin besondere Beachtung zu schenken. Es ist interessant, dass in Ländern, in denen Mais Hauptnahrungsmittel ist, sehr häufig beim Menschen die als „Pellagra“ bekannte Krankheit auftritt, eine Hautkrankheit (raue Haut und Pigmentierung der dem Licht ausgesetzten Stellen). Beim Hund ist die „Schwarze-Zungen-Krankheit“ typisch für Niacinmangel.

Die Niacinaufnahme liegt beim Rind bei einer Trockensubstanzaufnahme von 20 – 24 kg je Tier und Tag je nach Rationszusammensetzung zwischen 1.000 – 2.500 mg Niacin je Tag (GfE,2023). Der Bedarf wird mit 85 mg/Tag Niacin angegeben, davon werden etwa 60 g für den Erhaltungsbedarf gebraucht (Robinson, 2019). DSM (2016) empfiehlt für Milchkühe (3-4 Wochen a.p. und in der Laktation!) 5.000 – 10.000 mg /Tier und Tag. Für Kälber werden im Milchaustauscher 9 – 18 mg Niacin / kg empfohlen. In der Mineralfutterindustrie ist ein Gehalt bis 30.000 mg/kg Mineralfutter für Kühe mit hohen Leistungen schon gängige Praxis.

Die uns zur Verfügung stehenden Gehaltsangaben für Niacin sind für Grobfuttermittel sehr dürftig. In „Futtermittel für landwirtschaftliche Nutztiere“ (Durst, Freitag, Bellof, DLG-Verlag 2021) werden für Grünmais in der Milchreife 43 mg / kg TS, für Luzerne 63 und für Rotklee, Beginn der Blüte 111 mg angegeben. Im Gegensatz zum Grobfutter sind die Angaben für Niacin in Konzentraten und Nebenprodukten pflanzlicher Produktion sowohl in den Tabellen des bereits genannten Buches als auch im „Handbuch der Futtermittel“ (Dänicke u.a., Erling-Verlag 2023) relativ ausführlich vorhanden.

 

Stand: Mai 2024

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