Silage in der Pferdefütterung
Kaum ein Futtermittel wird unter Pferdehaltern so kontrovers diskutiert wie Silage oder Heulage. Hierbei handelt es sich um durch Milchsäuregärung konservierte Futtermittel. Die in der Pferdefütterung am häufigsten genutzte Form ist hier die Grassilage. Hier werden Gras oder Luzerne fermentiert und damit konserviert. Sind energiereiche Komponenten in der Fütterung gefragt, können Pferde, die intensive Arbeit verrichten oder an Körpermasse zulegen sollen, auch Maissilage oder Getreidesilage fressen. Im Freizeitpferdebereich ist dies allerdings nicht notwendig.
Herstellung
Das geerntete Pflanzenmaterial sollte intensiv abgedichtet werden, da ein Zutritt von Sauerstoff den Silierprozess negativ beeinflusst. Diese Verdichtung kann durch Zerkleinerung gefördert werden. Nach Einbringen in eine Silogrube oder Pressen als Siloballen sind ausreichend anaerobe Verhältnisse essentiell, damit die gewünschten Fermetationsprozesse optimal ablaufen können. Nun wandeln Mikroorganismen (v.a. Milchsäurebakterien) Zuckerverbindungen in organische Säuren – allen voran Milchsäure, in kleineren Anteilen auch Essigsäure – um. Dies bedingt zum einen eine Reduktion von Nährstoffverlusten wie auch eine Konservierung, solange das Futtermittel anaerobe gelagert wird.
Qualitätskontrolle
Um den Erfolg der Konservierung überprüfen zu können und somit ein hochwertiges Futtermittel zu erhalten, können die folgenden Punkte berücksichtigt werden:
- Geruch: angenehmer, leicht brotartiger bis süßlicher Geruch; sämtliche unangenehme Geruchsvarianten wie muffig, stechend sauer oder faulig sind unerwünscht und schränken die Futterqualität deutlich ein
- Farbe: Grassilagen sollten deutlich grün gefärbt; dunkle Anteile weisen auf eine nicht ausreichende Verdichtung und Fermentation hin
- Verunreinigungen: Beimengungen von Erde, Sand oder Fremdkörpermaterial sind nicht erwünscht; ein hoher Eintrag von Erde bringt hohe Rohaschegehalte (HCl-unlösliche Rohasche) in die Silage, was eine schlechte Siliereignung bedingen kann und den Eintrag von pathogenen Mikroorganismen (Schimmelpilze, Clostridien, etc.) fördert
- Verdichtung: Beim Öffnen des Silos oder des Siloballens sollten keine Hohlräume o.ä. sichtbar sein. Eine gute Verdichtung mit gleichmäßiger Materialverteilung und ohne Lufteinschlüsse ist essentiell für einen gleichmäßigen Silierprozess.
- pH-Wert: Durch die Fermentation mit Bildung kurzkettiger Fettsäuren sinkt der pH-Wert der Silage in den sauren Bereich.
Fütterung
Im Vergleich zur Heugewinnung ist Silage mit geringeren Nährwertverlusten verbunden. Zudem entfällt die bei der Heufütterung kaum vermeidbare Staubbelastung. Trotzdem sind im Fütterungsmanagement einige Punkte zu beachten. Der Einsatz von Flachsilos ist in der Pferdefütterung als kritisch zu betrachten. Bei den üblichen Anschnittsflächen fallen hier pro Tag rund 300-400 kg Silage an, was nur in großen Beständen als risikolos betrachtet werden kann. Während der Sommermonate ist ein ausreichend rascher Verbrauch hier zumeist nicht gewährleistet. Zur Stabilisierung der Silage ist zwar ein Besprühen der Anschnittsflächen mit Propionsäure möglich, aber zumeist nicht praktikabel.
Eine mögliche Alternative sind Siloballen. Aber auch hier ist eine ausreichende mikrobiogische Stabilität nur gewährleistet, wenn mehrere Tage an solch einem Ballen fressen. Werden ca. 10kg/Tier und Tag aufgenommen, dauert die Verfütterung eines ca. 500kg schweren Ballens ebenfalls mehrere Tage. Im Sommer sollte ein geöffneter Ballen nicht länger als zwei Tage verfüttert werden, im Winter maximal fünf Tage.
Nährstoffprofil
Bei einem idealen Siliervorgang weisen Grassilagen ein Nährstoffprofil auf, welches dem frischen Ausgangsmaterial sehr ähnlich ist. Ein Teil des Zuckers ist jedoch zu Milchsäure (Laktat) umgewandelt. Im Vergleich zum Heu sind höhere ß-Carotingehalte zu erwarten. Der Vit. D3-Gehalt ist jedoch zumeist niedriger (genaue Gehalte abhängig von der Anwelkzeit unter Sonneneinstrahlung). Bei Trockensubstanz-Gehalten > 30% sind Grassilagen v.a. für hochtragende oder laktierende Stuten sowie Fohlen geeignet. Hier sind hohe Eiweißgehalte und Energiegehalte um die 8 MJ ME/ kg TS zu erwarten.
Risiken
Hier v.a. die mögliche Belastung mit Listerien und mit Clostridien hervorzuheben.
Listerien werden v.a. durch Erde eingetragen (zu niedrige Schnitthöhe) und befinden sich bevorzugt in den Randzonen fehlgegorener Silagen. Eine Gesundheitsgefahr geht v.a. für Fohlen aus. Hier zeigen sich hohes Fieber und Septikämien, die schnell einen lebensbedrohlichen Verlauf nehmen können. Erwachsene Tiere fallen bei einer Listerieninfektion mit neurologischen Symptomen und Aborten auf.
Eine weitere, häufigere Gefahr, ist die bakterielle Kontamination mit Clostridium botulinum bzw. dessen Toxin. Pferde sind hierfür besonders empfänglich. Eintragsquellen sind ebenfalls Erdbeimengungen wie auch Tierkadaver, die bei der Ernte unentdeckt mit einsiliert werden. Hauptrisikofaktoren sind daher Erdkontaminationen des Grünfutters sowie ein nicht ausreichend niedriger pH-Wert im Siliergut (pH > 4,5 ist als kritisch anzusehen) und ein zu feuchtes Siliergut (TS-Gehalte < 35%). Klinisch zeigt sich eine Botulismus-Infektion in Form neurologischer Symptome – das Botulismustoxin heftet sich an die Endplatten der Nervenzellen, die sonst der Erregungsweiterleitung dienen, und führt dadurch zu einer schlaffen Muskellähmung.
Sonderform „Heulage“
Heulage zeichnen sich durch einen im Vergleich zu Grassilagen erhöhten Trockensubstanzgehalt (TS) von 50-80 % aus und sind somit zwischen Heu und Grassilagen einzuordnen. Durch die hohen TS-Gehalte ist die Fermentation und somit Milchsäurebildung und pH-Wert-Absenkung gehemmt. Somit sind im Endprodukt höhere pH-Werte zu erwarten.
Da Heulage ähnlich wie Heu im Vergleich zu Grassilagen aus dem Nutztierbereich spät geschnitten wird, ist hier der Rohfasergehalt höher und der Energiegehalt niedriger. Dies ist in Hinblick auf die Energieversorgung von Freizeitpferden als günstiger zu betrachten als die energiereicheren Grassilagen. Allerdings bringt der hohe Rohfasergehalt auch einen Nachteil mit sich: Das sperrige Pflanzenmaterial lässt sich schlechter verdichten, die Gefahr von Sauerstoffeinschlüssen im Siloballen ist höher. Daher ist es hier essentiell wichtig, nicht zu tief zu schneiden (nicht tiefer als 5cm), das zu silierende Material ausreichend fest zu pressen und in diesem Zusammenhang den Ballen mit mindestens 7 Schichten Silierfolie zu umwickeln.
Silageballen, deren Folie während des Silierprozesses beschädigt wurde, sollten nicht verfüttert werden!
Auf die weiteren Silageprodukte (Maissilagen etc.) soll an dieser Stelle nicht eingegangen werden. Sie sind aufgrund der hohen Energiegehalte nur für Hochleistungspferde geeignet. Zudem stellen die hohen Stärkegehalte einen limitierenden Faktor in der Fütterung dar und sollten nur nach ausreichender Adaptation eingesetzt werden.
Stand: September 2024