Wasser - ein wichtiger Nährstoff
Wasser gehört neben Energie, Protein, Mineralstoffen und Vitaminen zu den lebensnotwendigen Nährstoffgruppen. Es ist an allen Lebensprozessen beteiligt. 50 – 80 % der Körpermasse eines Rindes sind Wasser, mit zunehmendem Alter nimmt der Wassergehalt ab. Der Wasserbedarf wird aus drei Quellen gedeckt:
- Assoziiertes Wasser ist das Wasser, das als Bestandteil von Rationskomponenten mit diesen verabreicht wird, es wird auch als „gebundenes Wasser“ bezeichnet.
- Tränkwasser ist das Wasser, das zur freien Aufnahme in ausreichender Qualität über separate Tränkeinrichtungen verabreicht wird
- Metabolisches Wasser ist das Wasser, das bei Umsetzungen im intermediären Stoffwechsel entsteht (bei Abbau von 1 kg Fett werden 1,1 kg Wasser gebildet, aus 1 kg Eiweiß 0,4 kg und aus 1 kg Kohlenhydrate 0,5 kg Wasser).
Im Stoffwechsel unterliegt das Wasser aus diesen drei Quellen einem Kreislauf. In diesem Kreislauf müssen etwa 20 – 30 % der Menge kontinuierlich durch Tränkwasser und „gebundenes“ Wasser ersetzt werden.
Der Tränkwasserbedarf wird durch vielfältige Faktoren beeinflusst (siehe Abbildung 1).
Bei einem Wassergehalt der Ration nur mit dem „gebundenem“ Wasser zwischen 45 und 65 % (das sind 35 – 55 % Trockensubstanz) beeinflusst der Wassergehalt die Höhe der Tränkwasseraufnahme nur in geringem Maße. Bei extrem trockenen Rationen (>55% TS) steigt der Bedarf an Tränkwasser an. Bei extrem nassen Rationen (<35% TS) kann die Tränkwasseraufnahme eingeschränkt sein. Zur Einschränkung der Selektionsmöglichkeiten wird auch empfohlen der Mischration Wasser zuzusetzen, um einen TS-Gehalt von 35 – 40% zu erreichen (Kristensen, N.B., 2016). Der optimale Trockensubstanzgehalt einer Mischration liegt im Bereich von 35 – 45 % Trockensubstanz.
Abbildung 1: Einflussfaktoren auf die Tränkwasseraufnahme bei Milchkühen
Die Richtwerte für den Wasserbedarf der Rinder sind in Tabelle 1 zusammengefasst.
Tabelle 1: Wasserbedarf der Rinder
Liter je Tag | je Tier |
laktierende Kühe | 60-170 |
trockenstehende Kühe | 40-65 |
weibliche Jungrinder 5.-12. Monat | 15-35 |
weibliche ungrinder 13.-24. Monat | 35-60 |
Mastbullen bis 300 kg KM | 20-35 |
Mastbullen über 300 kg KM | 35-60 |
Kälber bis 4. Monat | 5-15 |
Rinder allgemein (Richtwerte) | |
je kg TS | 3,5-4,5 Liter |
je 100 kg LM | 6-20 Liter |
je kg Milch | 3 Liter |
Hauptfaktoren für die Höhe des Tränkwasserbedarfes sind vor allem die Milchleistung und Außentemperatur (siehe Tabelle 2).
Tabelle 2: Wasserbedarf der Milchkühe [kg/d] in Abhängigkeit von der Milchleistung und Umgebungstemperatur
kg Milch | 20 | 30 | 40 | 50 | trockenstehende Kühe |
kg TS | 16,5 | 20 | 23 | 25,5 | |
-5°C | 55 | 75 | 90 | 105 | 35 |
5°C | 70 | 80 | 95 | 110 | 45 |
25°C | 90 | 105 | 120 | 135 | 65 |
30°C | 115 | 125 | 150 | 165 | 85 |
Bei Wassermangel können folgende Probleme auftreten:
- eingeschränkte Futteraufnahme und Leistungsabfall
- Unter praktischen Bedingungen kann eine ungenügende Tränkwasseraufnahme der erste leistungsbegrenzende Faktor sein
- verminderte Hitzetoleranz
- erhöhtes Risiko zur Bildung von Harnkonkrementen (z. B. Urolithiasis)
- erhöhte Gefahr von Harnweginfektionen und Vergiftungen.
Im Rahmen von Stoffwechseluntersuchungen kann durch die Bestimmung von Kreatinin im Harn auf die ausreichende Wasserversorgung geschlossen werden. Bei Werten über 10 000 μmol/Liter ist mit einer ungenügenden Aufnahme an Tränkwasser zu rechnen (Staufenbiel, 2013).
Von besonderer Bedeutung ist der Zusammenhang zwischen Tränkwasseraufnahme und Futteraufnahme. Hierzu wurden von Katrin Mahlkow-Nerge (2004) Untersuchungen in der Versuchsstation Futterkamp der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein durchgeführt, die in der Abbildung 2 zusammengefasst dargestellt werden.
Abbildung 2: Zusammenhang zwischen Wasseraufnahme und Futteraufnahme (Mahlkow-Nerge, 2004)
Um eine ausreichende Tränkwassermenge von im Mittel 80 – 90 Liter/Kuh und Tag und Spitzen bis 150 Liter zu gewährleisten (Tabelle 2) sind eine Reihe von Anforderungen an die Tränkeinrichtungen zu stellen, die in Tabelle 3 zusammengestellt sind.
Tabelle 3: Anforderungen an Tränkeinrichtungen für Milchkühe
Kühe saufen 5 bis 25 x in 24 Stunden und nehmen im Mittel 5 l/min auf | |
notwendiger Druchsatz der Tränke: > 60l/min | |
Tränkelänge mind 10cm/Kuh | |
Anzahl der Tränken | Kühe/Gruppe |
2 | bis 20 |
3 | 21-40 |
4 | 41-60 |
5 | 61-80 |
6 | >80 |
Zugänglichkeit der Tränke sichern: mindestens 3m Freiraum um die Tränke, nicht in Sackgassen | |
Kühe decken ca. 30 % ihres Wasserbedarfes nach dem Melken, deshalb Tränken in der Nähe des Melkstandes bzw. im Nachwartehof installieren. | |
Behälter mit flachen Wassertiefen bis 30 cm und einem Wasserspiegel von 5 - 7 cm unterhalb des Trograndes | |
Trogoberkante mindestens 60 cm über dem Boden, max. 80 cm | |
Wassertemperatur hat im Bereich zwischen 5 und 25 °C praktisch keinen Einfluss auf Wasser- und Futteraufnahme | |
Leeren der Tränken täglich, reinigen der Tränken mind. 4x / Woche | |
kippbare Tränketröge haben sich bewährt | |
"klassische" Selbsttränken entsprechen nicht mehr den Anforderungen |
Neben der ausreichenden Menge ist die Qualität des Tränkwassers von großer Bedeutung, sowohl für die aufgenommene Menge, aber auch für die Gesundheit der Tiere. In der Tabelle 4 sind die wichtigsten Kennzahlen zur Tränkwasserqualität zusammengestellt und es wird über die Trinkwasserqualität informiert.
Bei Überschreitungen von diesen Werten kann es zu erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen kommen, die in Tabelle „Störungen durch ungenügende Tränkwasserqualität“ zusammengestellt wurden.
Tabelle 4: Anforderungen an die Tränkwasserqualität
Orientierungswerte an die hygienische Beschaffenheit¹
Kennzahl | Einheit |
Aerobe Gesamtkeimzahl bei 20°C bei 38°C |
< 10.000 KbE/ml < 1.000 KbE/ml |
| |
E. Coli | < 10/10ml |
Salmonellen | 0/100 ml |
Campylobacter | 0/100 ml |
Chemisch-physikalische Eigenschaften
Kennzahl | Einheit | Orientierungswert¹ | Grenzwert² |
pH-Wert | > 5 und < 9 | 6,5-9,5 | |
elektr. Leitfähigkeit | µS / cm | < 3.000 | 2.500 |
Oxidierbarkeit | mg/l | < 15 | 5 |
lösliche Salze gesamt | g/l | < 2,5 | kein Grenzwert |
Ammonium | mg/l | < 3 | 0,5 |
Arsen | mg/l | < 0,05 | 0,01 |
Blei | mg/l | <0,1 | 0,01 |
Cadmium | mg/l | < 0,02 | 0,005 |
Calcium | mg/l | 500 | kein Grenzwert |
Chlorid | mg/l | < 500 | 250 |
Eisen | mg/l | < 3 | 0,2 |
Fluor | mg/l | < 1,5 | 1,5 |
Kalium | mg/l | < 500 | kein Grenzwert |
Kupfer | mg/l | < 2 | 2 |
Mangan | mg/l | < 4 | 0,05 |
Natrium | mg/l | < 500 | 200 |
Nitrat | mg/l | < 300 | 50 |
Nitrit | mg/l | < 30 | 0,5 |
Quecksilber | mg/l | < 0,003 | 0,001 |
Selen | mg/l | < 0,05 | kein Grenzwert |
Sulfat | mg/l | < 500 | 240 |
Zink | mg/l | < 5 | kein Grenzwert |
¹ Orientierungsrahmen zur futtermittelrechtlichen Beurteilung der hygienischen Qualität von Tränkwasser, BELV, 25.05.2007
² Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (Trinkwasserverordnung) Bundesgesetzblatt Teil I, Nr. 24, 2001, S. 959; VO(EG) 1882 / 2003
Tabelle 5: Störungen durch ungenügende Tränkwasserqualität
Kennzahl | Störung |
Aluminium | P-Absorption verringert, gehemmte Knochenbildung, Darmreizungen und Koliken |
Ammonium | motorische Unruhe, Muskelzittern, Schaumbildung am Maul, häufiger Kot- und Harnabsatz |
Arsen | Senkung der Futteraufnahme, Leistungsabfall, Hautschäden, Lähmungen, Laxieren, Fruchtbarkeitsstörungen |
Blei | nervöse Symptome, Bewegungsstörungen, vermindertes Wachstum, Blei wird akkumuliert |
Cadmium | Senkung der Futteraufnahme, Stomatitis, Apathie, Laxieren, Schädigung Leber und Nieren, Lungenemphysem |
Calcium | Laxieren, Störungen des Mineralstoffwechsels |
Chlorid (Cl-) | zeigt Verderbnisprozesse im Wasser an |
Eisen | Geschmacksbeeinträchtigung, Senkung der Futteraufnahme, Antagonist für Mangan, Kupfer und Kobalt |
Fluor | Senkung der Futteraufnahme, Laxieren, Zahnveränderungen, Fruchtbarkeitsstörungen, Gelenkauftreibungen |
Kalium | Ödembildungen |
Kupfer | Erbrechen, Schwindelerscheinungen, Laxieren, Tod |
Magnesium | Laxieren, Störungen des Mineralstoffwechsels, |
Mangan | ab 0,05 mg/l sinkt Futteraufnahme |
Natrium | erhöhter Wasserbedarf, gesteigerte Erregbarkeit, Lähmungen, |
Nitrat (NO3-) | Taumeln, Schaumbildung am Maul, Pulserhöhung, Krämpfe |
Nitrit (NO2-) | erhöhter Methhämoglobingehalt, akute Vergiftung, Tod |
Quecksilber | Senkung der Futteraufnahme, Laxieren, Beinschwäche, Anämie, Ekzembildung, eosinophile Leukozyten erhöht |
Selen | Senkung der Futteraufnahme, Puls- und Atemfrequenz erhöht, Pupillen erweitert, Klauenrehe |
Sulfate | Laxieren, erhöhte Wasseraufnahme |
Sulfide | Senkung der Futteraufnahme |
Zink | Senkung der Futteraufnahme, Verringerte Futterverwertung, Wachstumsdeperssionen |
Quelle: Ulbrich,M., Hoffmann,M., Drochner, W.,Fütterung und Tiergesundheit, Ulmer Verlag, 2004
Stand: Dezember 2021