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Der Fütterungsberater

Ein Blog zu Futtermittelanalytik, Tiergesundheit, Fütterung und Diätetik.

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Zum Einsatz von Futterfett in Rationen für Milchkühe

Nachdem zeitweise die Preise der Futterfette ein Plateau erreichten, bei dem selbst bei höheren Milchleistungen ein Zukauf nicht in Frage kam, hat sich der Markt inzwischen etwas beruhigt und zunehmend wird ein Fetteinsatz in Erwägung gezogen.

Deshalb sollen in den folgenden Ausführungen noch einmal einige Grundsätze des Einsatzes von Futterfetten dargestellt werden (siehe auch dlz-agrarheute -Rind 2018,2, 30 -34 und BLOG Fütterungsberater LKV vom 22.03.2021).

Alle Fette sind wasserunlöslich, aber löslich in organischen Lösungsmitteln (z.B. in Ether, Chloroform u. ä.). In der Futtermittelanalytik wird Fett nach standardisierten Methoden bestimmt. Da bei diesem Verfahren auch andere wasserunlösliche Verbindungen (z. B. fettlösliche Vitamine u.a.) miterfasst werden, wird diese Fraktion als „Rohfett“ bezeichnet. Die Rohfettbestimmung wurde 1860 im Rahmen der Weender Futtermittelanalyse entwickelt und ist auch heute noch Bestandteil aller Futterbewertungssysteme (GfE, Empfehlungen zur Energie- und Nährstoffversorgung von Milchkühen, 2023).                                                                                   

Im Pansen beginnt der Abbau der mit dem Futter aufgenommenen Fette durch Bakterienenzyme. Es erfolgt eine Spaltung in Glycerin und freie Fettsäuren. Die kurzkettigen Fettsäuren werden durch die Pansenwand absorbiert, die langkettigen werden entweder durch Enzyme verändert oder gelangen in den Dünndarm, in dem sie auf ganz normalem Weg (wie bei Schweinen und Menschen) verdaut werden.

Die ungesättigten Fettsäuren unterliegen im Pansen einer Hydrierung, d.h., durch Anlagerung von Wasserstoffatomen werden die Doppelbindungen beseitigt und es entstehen gesättigte Fettsäuren, die dann wie oben beschrieben, weiter genutzt werden.

Um Futterfette vor dem mikrobiellen Abbau und vor Veränderungen im Pansen zu schützen, sind verschiedene Verfahren entwickelt worden:

  • Hitzebehandlung von Ölsaaten, z.B. durch Extrusion
  • Verseifung von Fettsäuren, z.B. mit Kalzium. 
  • Härten der Pflanzenfette durch verschiedene technische Verfahren.
  • Fraktionierung von Fetten, als Futterfett werden dann die Fraktionen verwendet, die sich dem Abbau durch die Enzyme der Pansenbakterien weitgehend entziehen.
  • Kristallisation der Fette und Bindung an geeignete Trägerstoffe (z.B. Stärke).

Von einem „pansengeschützen Futterfett“ ist zu fordern, dass mindestens 90 % der gefütterten Fettsäuren unverändert durch den Pansen hindurch in den Dünndarm gelangen.

Die ruminale Abbaubarkeit eines Fettes kann im Labor mithilfe von in vitro Verfahren, die auf Pansensaft basieren, ermittelt werden.  Damit ist es möglich den Pansenschutz eines Produktes zu testen. Hier liegen einschlägige Erfahrungen vor.

Der Gehalt an Rohfett in den Rationen unterliegt einer strengen Grenze. Bereits in älteren Arbeiten von Oscar Kellner (1907) wurde erkannt, dass Fettzulagen von über 100 g/100 kg Körpermasse bei Milchkühen einen negativen Einfluss auf Milchmenge und Milchfettgehalt ausüben können. Diese Menge wurde in späteren Arbeiten bestätigt, die etwa 800 – 1000 g Rohfett je Tier und Tag bei der Milchkuh als obere Grenze ansehen. Hierbei ist das native, d.h., natürlich in den Futtermitteln vorkommende Rohfett gemeint. Wird pansengeschütztes Futterfett zugefüttert, liegt der Grenzwert höher.

Bei der Rationsberechnung werden folgende Höchstmengen empfohlen:
je 100 kg Körpermasse:                          
Ration mit ungeschütztem, nativem Rohfett            < 125 g
Ration mit Zusatz pansengeschützter Fette              < 225 g.

Das entspricht bei einer Kuh von 650 kg Körpermasse etwa 800 g Rohfett je Tier und Tag in einer Ration mit nativem Rohfett und etwa 1.500 g Rohfett je Tier und Tag, wenn pansengeschütztes Fett zum Einsatz kommt.

Der Gehalt in Rationen mit ungeschützten Fetten sollte 35 g Rohfett/kg Trockensubstanz nicht übersteigen. Bei Einsatz pansengeschützter Fette kann der Gehalt in der Ration bis zu 60 g Rohfett/kg Trockensubstanz betragen.

Bei Überschreitung dieser Grenzwerte kann es zu gravierenden Auswirkungen kommen:

  • Erhöhung der Passagerate des Futters durch den Verdauungstrakt, dadurch kommt es zu einer Senkung der Verdaulichkeit der organischen Substanz (evtl. Sinken der Milchleistung).
  • Hohe Mengen oberflächenaktiver freier Fettsäuren beeinträchtigen die bakterielle Aktivität, insbesondere die der zellulytischen Bakterien. Dadurch sinkt die Zellulose-Verdaulichkeit und die Effektivität des Grobfuttereinsatzes.
  • In geringem Maße können freie Fettsäuren mit Kalzium und Magnesium unlösliche Verbindungen eingehen und dadurch zusätzlich den mikrobiellen Faserabbau einschränken. 
  • Verdaulichkeitsminderungen aller Rohnährstoffe durch den Coating-Effekt der Fette. Darunter versteht man die Auflagerung eines Fettfilmes auf die Futterpartikel, so dass die Anheftung von Bakterien erschwert wird und der Zugang bakterieller Enzyme, z.B. zelluloseabbauender Zellulasen, erschwert wird.
  • Abfall des pH-Wertes im Pansen mit allen bekannten Folgen.  
  • Verminderung der Essigsäurebildung im Pansen und dadurch Verringerung der Milchfettsynthese im Euter und deutliches Absinken des Fettgehaltes der Milch.
  • Durch die eingeschränkte mikrobielle Aktivität im Pansen kann auch die Bakterienproteinsynthese beeinträchtigt werden, es kommt zu einem erhöhten Harnstoffgehalt in der Milch und zu einem Absinken des Milcheiweißgehaltes.
  • Einschränkung der Glukoneogenese (Glukoseneubildung im Stoffwechsel) und Nutzung von glucogenen Aminosäuren für die Glukosebildung, was im Allgemeinen mit einem Sinken des Eiweißgehaltes in der Milch verbunden ist.

Seit 1997 ist es futtermittelrechtlich verboten, tierische Fette in der Wiederkäuerfütterung einzusetzen. Deshalb kommen für die Fettanreicherung von Rationen unter Beachtung der oben genannten Grenzwerte nur pflanzliche ölreiche Futtermittel und pansengeschützte pflanzliche Fette in Frage.

Für die praktische Fütterung ergeben sich folgende Gründe für eine Ergänzung der Ration mit Futterfett:

  • Entsprechend der erwarteten Leistung ist der Energiegehalt in der Ration zu niedrig. Dabei ist immer darauf zu achten, dass insbesondere die Strukturwirksamkeit der Ration den Anforderungen entspricht und eine bedarfsgerechte Proteinversorgung vorliegt.
  • Zusätzliche Energieaufnahme durch Futterfett in Situationen, in denen die Energieaufnahme begrenzend ist. Das trifft für alle Bedingungen zu, in denen die Futteraufnahme auf einem niedrigen Niveau liegt.
  • Problematisch ist die Periode nach der Abkalbung, in der die Futteraufnahme niedrig liegt, aber zusätzlich verabreichtes pansengeschütztes Fett die Insulinbildung senkt und deshalb in diesem Abschnitt stark vermindert oder gemieden werden sollte.

 

Für die Erhöhung des Energiegehaltes durch erhöhten Fetteinsatz gibt es zwei Möglichkeiten:

Einsatz von Futterkomponenten mit hohem Fettgehalt, wie z. B.  Rapssamen (44,5% Rohfett, Samen muss vorher zerkleinert werden), Rapskuchen und -expeller (5 – 25% Rohfett), Sojabohnen (20 % Rohfett, sollte auf ca. 3mm Vermahlen werden), Leinsamen (36 % Rohfett), Sonnenblumensamenprodukte (30–50 % Rohfett).

Für den Einsatz gelten die o. a. Höchstmengen für Rohfett in der Ration von 125 g / 100 kg Körpermasse, daraus ergeben sich die futtermittelspezifischen Restriktionen (Hoffmann und Steinhöfel, 2023).

Die Einsatzgrenzen hängen stark vom aktuellen Rohfettgehalt der Futtermittel ab, wie die Tabelle 1 zeigt.

Tab. 1: Restriktiver Einsatz von Ölkuchen* in Abhängigkeit vom Rohfett - Gehalt

* Raps, Sonnenblumen, Soja, u.a., ** 25 kg Maissilage (3,4 %), 15 kg Grassilage (4,0 %), 4 kg Getreide (2,5 %), (% Rohfettgehalt i.d. TS)

Um die Begrenzung von 800 g Rohfett je Tier und Tag einhalten zu können, können von den jeweiligen Ölkuchen nur 2 kg gefüttert werden, wenn die 8 % Rohfett nicht überschritten werden. Bei höheren Rohfettgehalten kann nur 1 kg je Tier und Tag zum Einsatz kommen. Diese Begrenzung ist vor allem für BIO-Betriebe wichtig, da sie die Rohproteinversorgung sehr erschwert.

Da die Rohfettgehalte je nach dem Produktionsverfahren stark schwanken können, wird empfohlen, die Rohnärstoffgehalte der jeweiligen Charge im Futtermittellabor untersuchen zu lassen. In Tabelle 2 werden Austauschäquivalente bezogen auf 1 kg Weizen gezeigt.

Tab. 2: Austauschäquivalente von fettreichen Konzentraten gegen Weizen

Futtermittel1 kg Weizen ** ~ ...kgGehalt Rohfett [g/kg TM]
 NELStärke 
Futterfett, pansengeschützt0,450> 900
Rapssamen0,800445
Rapskuchen, -expeller1,06080-120
Sojabohnen0,860200
Sojakuchen, -expeller 0,95080-120
Sonneblumensamen0,800495
Sonnenblumenkuchen, -expeller1,20080-120
Leinsamen0,800366
Leinsamenkuchen, -expeller1,06080-120
zum Vergleich:   
Maissilage (30-35 % TM)3,755,534

* kg fettreiches Konzentrat:  **   8,5 MJ NEL, 662 g Stärke

Beim Einsatz pansengeschützter Fette gilt ebenfalls die oben angegebene Höchstmenge von 225 g Rohfett / 100 kg Körpermasse, im Allgemeinen liegen die Einsatzmengen für Futterfett zwischen 0,3 bis 0,5 kg je Tier und Tag.

Ziel ist eine zusätzliche Energiegabe, die bei bedarfsgerechter Versorgung mit Protein zu einer Erhöhung der Milchleistung (um ca. 1 kg Milch / Tier und Tag) bei gleichen Milchinhaltsstoffen oder zu einer Erhöhung des Milchfettgehaltes führt. Die Effekte können in gewissen Grenzen durch die Auswahl entsprechender Fettsäuren (C16, C18, C18:1) gesteuert werden. Dies soll in einem weiteren Beitrag erläutert werden.

In Herden bzw. Kuhgruppen mit Milchleistungen über 35 – 40 l / Tier und Tag ist eine Supplementation von pansengeschütztem Fett meistens sinnvoll (in Abhängigkeit von der Qualität des Grobfutters und dem Niveau der Futteraufnahme), um den Konzentratfutteraufwand < 10 kg je Tier und Tag einzustellen. Der Fütterungserfolg hängt sowohl von der Rationsgestaltung als auch von der Qualität des Fettpräparates ab.

Der Gehalt an Umsetzbarer Energie im Fett ist maßgeblich abhängig von der Verdaulichkeit des Fettes. Das verdaute Fett hat in normalen Rationen bei Milchkühen eine Verwertung von 70 – 85 %. Für brauchbare Fettpräparate kann man mit Gehalten an NEL von 15 – 20 MJ und an Umsetzbarer Energie von 24 – 32 MJ je kg rechnen.

Ein weiteres Einsatzgebiet ist der Einsatz konjugierter Fettsäuren (CLA). Der Einsatz von Präparaten mit konjugierten Fettsäuren hat das Ziel, den Milchfettgehalt zu senken. Damit soll eine Stoffwechselentlastung der Tiere erreicht werden. Die Milchmenge steigt in allgemeinen an. Es kommt zu einer Erhöhung des Anteils ungesättigter Fettsäuren in der Milch, was Verbraucherwünschen entspricht. 

Der Einsatz von Omega - 3 - Fettsäuren erfolgt mit Präparaten auf der Basis von extrudierter Leinsaat. Leinsamen enthält als einzige zugängliche Futterkomponente hohe Gehalte an Omega - 3 – Fettsäuren.

Die Supplementation von Omega – 3- Fettsäuren hat positive Wirkungen auf die Fruchtbarkeit der Milchkühe. Sie wirken entzündungshemmend, verbessern den Progesteronspiegel und bewirken eine Verringerung der Frühmortalität (bis etwa 20. Tag nach der Besamung).

 

Stand: Juli 2024

 

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